Bewegungsvorstellung

26. Februar 2022 B 0

Bewegungsvorstellung (movement concept, idea of movement, mental image of movement), bewusste Reproduktion sportlicher Bewegungsabläufe, die im Training erworben wurden. Studien haben gezeigt, dass die Hirnaktivität während motorischer Bilder derjenigen ähnlich ist, die während einer normalen motorischen Ausführung auftritt (Mizuguchi 2015). dazu müssen zwei Bedingungen erfüllt sein, „einerseits die Zugehörigkeit bzw. eine in der Vergangenheit liegende “Teilhabe“ an einer bewussten Bewegungswahrnehmung und darüber hinaus – die erfolgte Speicherung der Bewegungswahrnehmung im Langzeitgedächtnis“ (Wiemann 2001, S.64). Bewegungserfahrung

Eine Schwimmtechnik kann in ihrer räumlichen, zeitlichen und dynamischen Struktur erfahren und verbal wiedergegeben werden. Bewegungsvorstellung kann trainiert werden, indem der Schwimmer immer wieder angehalten wird, seine und die Technik anderer zu beschreiben. Durch Bildreihen, Filmaufzeichnungen und Wissensvermittlung (→Biomechanik) wird sie vertieft. Dabei sind zwei Sichtweisen zu beachten, die des Trainers, der den Schwimmer vom Beckenrand vorbeischwimmen sieht (Außen- oder Trainersicht) und die des Schwimmers, der seinen eigenen Bewegungsablauf erfährt (Innen- oder Schwimmersicht). Der Schwimmer stützt sich dabei auf sein Bewegungsgefühl (→Kinästhesie) und kann somit zwischen zeitlich-rhythmischen sowie kraftmäßig-dynamischen Parametern besser differenzieren. Da sich viele Topschwimmer durch eine hervorragende Bewegungsvorstellung auszeichnen, könnte diese dem Talent im Schwimmen zugeordnet werden. Eine hoch entwickelte Bewegungsvorstellung ist die Grundlage ideomotorischen Trainings. →Training, mentales, →Carpenter-Effekt, →Feedback

Beispiele:

  • Die mehrfache Olympiasiegerin Kristin Otto dankte längerem psychoregulativem Training, jede Schwimmbewegung genau erfühlen und durch Selbstbefehle regulieren zu können. Für die 100m Rücken „befahl“ sie sich, die ersten 60m ohne bewusste Regulation zu „fliegen“, um dann mit dem Selbstbefehl „hoch“ sich für den zweiten Teil der Strecke auf hohe Wasserlage („Schultern aus dem Wasser“) und Frequenzen zu orientieren. Der ganze Bewegungsablauf wurde musikalisch untermalt, d.h. jeder Bewegung ein Ton zugeordnet (→Bewegungsrhythmus). Der Musik lagen sieben Schwerpunkte zugrunde:  viermaliges Wiederholen der Konzentrationsphase am Start, Hupton als Kommando, Startphase, erste Bahn, fünf Schwimmzüge vor der Wende, Wende, zweite Bahn mit Finish. Die Vertonung wurde als erleichternd empfunden, lockerte auf und motivierte (Otto, K. 1990).
  • Das Ausnahmetalent im Snowboarden Anna Gasser aus Österreich hat erst mit 18 Jahren begonnen die schwierigen Sprünge zu erlernen. Eine wichtige Rolle spielt dabei das „Kopfkino„. Zunächst „betrachtet“ sie den Sprung von außen (Außenbetrachtung). Erst wenn sie ihn von innen „erlebt“ (Innenbetrachtung), dann „sitzt er“ auch im Wettkampf.

Exkurs: Im Wasserspringen konnten Stoll und Mitarbeiter nachweisen, dass sich das regelmäßige Ansehen von Aufnahmen eigener Sprünge in bester Qualität signifikant auf die Lebhaftigkeit der Bewegungsvorstellung auswirkt. Dabei wird Videomaterial aus interner und externer Perspektive unterstützend im Bewegungsvorstellungstraining zum Erlernen, Stabilisieren und Korrigieren von Bewegungen eingesetzt. Ausgewählte Ergebnisse des Forschungsprojekts konnten Hinweise auf die neuronalen Wirkmechanismen des Bewegungsvorstellungstrainings spezifisch für Bewegungsabläufe im Wasserspringen liefern. Neue Sprünge bauen somit meist auf bereits erlernte Sprünge auf. Daher liegt dem eine relativ stabile Repräsentation zugrunde (Stoll et al. 2016).

Mehr zum Thema: Wiemann, K. unter http://www.biowiss-sport.de/beweg_wahr_vor.PDF, Zugriff am 27.11.18


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