Puffer/-systeme

03. Juli 2023 P 0

Puffer/Puffersysteme (puffer systems), Chemische Stoffe (Bicarbonat, Hämoglobin, Plasma-Eiweiße, Phosphate), die die Wasserstoffionenkonzentration der Körperflüssigkeiten (pH-Wert) konstant halten und damit auch eine Schlüsselrolle bei der Laktateliminierung einnehmen. →Pufferkapazität

Sportliche Akti­vi­täten mit einer überwiegend anaeroben Energiegewinnung wie Kurzzeit– und Intervallbelastungen bringen die verschiedenen Puffersysteme an ihre Grenzen. Dadurch kann der Blut-pH bis ca. 6.8 absinken, der intrazelluläre pH bis ca. 6.4. In der Folge kann es zu Funktionsstörungen im Bereich der kontraktilen Elemente (Aktin, Myosin) im Muskel kommen. Zugleich beeinträchtigen die reduzierten Enzymaktivitäten die Energiebereitstellung und die Bildung energiereicher Phosphate (z.B. ATP) und somit die körperliche Leistungsfähigkeit. Deshalb empfahlen schon 1930 Mediziner, den Säure-Basen-Haushalt über die Verabreichung von Puffersubstanzen in Form von Natrium-Bikarbonat zu beeinflussen (Quelle s.u.). Allerdings sollten die Nebenwirkungen nicht unterschätzt werden. Das Natron-Gemisch kann als hoch konzentrierte Lösung Durchfall, Bauchschmerzen und bis zu Erbrechen führen. Statt im Ziel landet man dann auf der Toilette.

Exkurs: Verschiedene Studien verweisen darauf, dass die chronische, aber nicht die akute Einnahme von Natriumbikarbonat die Spitzenleistung als auch die mittlere Leistung des Wingate-Tests erhöht (Lopes-Silva et al. 2019). Bei professionellen Schwimmern konnte durch die Einnahme von Natriumbicarbonat die Leistung über 200m Freistil um immerhin anderthalb Sekunden verbessert werden.  Natrium-Bicarbonat (NaHCO3, Natron, doppeltkohlensaures Natron, Backpulver, Speisesoda, Bullrich-Salz, korrekte Bezeichnung: Natriumhydrogencarbonat) ist ein säureneutralisierender Wirkstoff. Sein bisheriger Einsatz als Magensäure bindendes Mittel (Antazidum) gegen Sodbrennen gilt medizinisch als völlig überholt und ungeeignet. Im Sport avancierte er hingegen intravenös verabreicht zum Dopingmittel (Lindh et al. 2008). Die Supplementierung von Beta-Alanin in Kombination mit Natriumbicarbonat erhöhte noch den leistungssteigernden Effekt über 100/200m im Schwimmen (de Salles Painelli et al. 2013).

Fazit: „Natron kann in gewissen Anwendungsbereichen zu Leistungssteigerungen führen. Jedoch sollten sich Athletinnen und Athleten überlegen, ob sie dafür die potenziellen Nebenwirkungen in Kauf nehmen wollen. Falsch zugeführt, kann Natron die Leistung in einem Wettkampf sogar mindern“. Lisa Neumann (FITBOOK) im Interview mit Dr. Schmidt-Hellinger, Sportmediziner und erfolgreicher Langstreckenläufer, 31.10.2020.

Position der International Society of Sports Nutrition (ISSN):

  • Eine Supplementierung mit Natriumbicarbonat (in Dosierungen von 0,2 bis 0,5 g/kg) verbessert die Leistung bei muskulären Ausdaueraktivitäten, verschiedenen Kampfsportarten sowie bei hochintensivem Radfahren, Laufen, Schwimmen und Rudern. Die ergogenen Wirkungen von Natriumbicarbonat sind vor allem bei hochintensiven Übungen mit einer Dauer von 30 s bis 12 min nachgewiesen.
  • Natriumbicarbonat verbessert die Leistung bei Einzel- und Mehrfachbelastungen.
  • Natriumbicarbonat verbessert die sportliche Leistung bei Männern und Frauen.
  • Bei Protokollen zur einmaligen Supplementierung scheinen 0,2 g/kg Natriumbicarbonat die Mindestdosis zu sein, die erforderlich ist, um eine Verbesserung der sportlichen Leistung zu erzielen. Die optimale Dosis von Natriumbicarbonat für ergogene Effekte scheint 0,3 g/kg zu sein. Höhere Dosen (z. B. 0,4 oder 0,5 g/kg) sind in Einzeldosis-Supplementierungsprotokollen möglicherweise nicht erforderlich, da sie (im Vergleich zu 0,3 g/kg) keine zusätzlichen Vorteile bieten und mit einer höheren Inzidenz und Schwere unerwünschter Nebenwirkungen verbunden sind.
  • Bei Einzeldosis-Supplementierungsprotokollen liegt der empfohlene Zeitpunkt für die Einnahme von Natriumbicarbonat zwischen 60 und 180 Minuten vor dem Training oder Wettkampf.
  • Mehrtägige Natriumbikarbonat-Supplementierungsprotokolle können die sportliche Leistung wirksam verbessern. Die Dauer dieser Protokolle liegt im Allgemeinen zwischen 3 und 7 Tagen vor dem Belastungstest, und eine Natriumbicarbonat-Gesamtdosis von 0,4 oder 0,5 g/kg pro Tag führt zu ergogenen Wirkungen. Die tägliche Gesamtdosis wird üblicherweise in kleinere Dosen aufgeteilt, die über den Tag verteilt eingenommen werden (z. B. 0,1 bis 0,2 g/kg Natriumbikarbonat zum Frühstück, Mittag- und Abendessen). Der Vorteil von Mehrtagesprotokollen besteht darin, dass sie dazu beitragen können, das Risiko von Natriumbicarbonat-bedingten Nebenwirkungen am Tag des Wettkampfs zu verringern.
  • Die langfristige Einnahme von Natriumbicarbonat (z. B. vor jeder Trainingseinheit) kann die Trainingsanpassung verbessern, wie z. B. die Erhöhung der Zeit bis zur Ermüdung und der Leistungsabgabe.
  • Die häufigsten Nebenwirkungen einer Natriumbicarbonat-Supplementierung sind Blähungen, Übelkeit, Erbrechen und Unterleibsschmerzen. Die Häufigkeit und der Schweregrad der Nebenwirkungen variieren von Person zu Person, sind aber im Allgemeinen gering. Dennoch können sich diese Nebenwirkungen nach der Einnahme von Natriumbikarbonat negativ auf die sportliche Leistung auswirken. Die Einnahme von Natriumbicarbonat (i) in kleineren Dosen (z. B. 0,2 g/kg oder 0,3 g/kg), (ii) etwa 180 Minuten vor dem Training oder die Anpassung des Zeitpunkts je nach individuellem Ansprechen auf Nebenwirkungen, (iii) zusammen mit einer kohlenhydratreichen Mahlzeit und (iv) in magensaftresistenten Kapseln sind mögliche Strategien, um die Wahrscheinlichkeit und Schwere dieser Nebenwirkungen zu minimieren.
  • Die Kombination von Natriumbicarbonat mit Kreatin oder Beta-Alanin kann zusätzliche Effekte auf die körperliche Leistungsfähigkeit haben. Es ist unklar, ob die Kombination von Natriumbikarbonat mit Koffein oder Nitraten zusätzliche Vorteile bringt.
  • Natriumbicarbonat verbessert die sportliche Leistung in erster Linie aufgrund einer Reihe von physiologischen Wirkungen. Dennoch scheint ein Teil der ergogenen Wirkung von Natriumbicarbonat auf Placebo zurückzuführen zu sein. (Grgic et al. 2021)

Eine basenreiche Basisernährung in Ergänzung mit dem regelmäßigen Verzehr eines hydrogencarbonatreichen Mineralwassers sorgt mit dafür, dass nach einem intensiven Training, z. B. im Kraftraum, aus einem möglichen Muskelkater eher ein kleiner Schmusekater oder ein Schmusekätzchen wird.“ Günter Wagner,  Ernährungswissenschaftler und Mitglied des Vorstandes im Deutschen Institut für Sporternährung e.V.

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