Repräsentation

20. Dezember 2022 R 0

Repräsentation (representation), lat. repraesentatio „Darstellung“; mehrdeutiger Begriff vom politischen Grundelement bis zum zentralen Begriff der Gedächtnisforschung (kognitiven Psychologie). Dort „Sammelbezeichnung für alle Arten von Abbildungen, die in höheren tierischen Organismen und beim Menschen verwirklicht werden. Repräsentiert, in einem anderen Menschen abgebildet sein, können sowohl externe Objekte und Vorgänge als auch erlebnishafte Gegebenheiten“ (Häcker & Stapf, 2004); vereinfacht: „mentale Vorstellung der Außenwelt“ (Wikipeda). Die Stufentheorie nach Piaget unterschied drei Klassen von internen Repräsentationen; sensomotorische, vorstellungsbezogene, konkrete und formal-logische oder zeichenhafte. Diese werden im Lauf der Individualentwicklung in dieser Reihenfolge erworben (https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/repraesentationsstufen -Zugriff 19.12.22)

Im Sport wird Repräsentation als Begriff einmal unter dem Aspekt der Bewegungshandlung und zum anderen als standesgemäßes Auftreten im Interesse einer sportlichen Organisation gebraucht (z.B. als Mitglied der Nationalmannschaft bei einer Weltmeisterschaft).

Neurowissenschaftler beschäftigen sich seit über einem Jahrhundert mit der internen Repräsentation und Vorstellung von Bewegungen (→Bewegungsvorstellung). Auf dem Grundprinzip der Regulation interner Repräsentationen beruht das Mentale Training (DSHS Köln) oder Ideomotorische Training (DHfK Leipzig) als anerkannte Trainingsform der Sportpsychologie. Das Grundprinzip beruht dabei auf der Entwicklung einer angemessenen Handlungsvorstellung als interner Repräsentation, die das Erlernen, Stabilisieren und Optimieren einer Handlungs – und/oder Bewegungsausführung (Strategie– und Taktiktraining) unterstützt (Eberspächer & Immenroth 1999). Den größten Effekt erreichen Sportler, die mentales und praktisches Training kombinieren, vorausgesetzt sie kennen den Bewegungsablauf und haben davon eine mentale Repräsentation.

Beispiele: Sportpsychologen konnten darstellen, dass sowohl Bewegungsvorstellung als auch Bewegungsbeobachtung zur Aktivierung zentraler motorischer Strukturen führen. Während die Bewegungsvorstellung über eine Vielzahl von Freiheitsgraden verfügt, kaum eine Bewegungsvorstellung exakt der anderen gleicht und in der Vorstellung ein Bewegungsablauf fehlerhaft oder unvollständig sein
kann, lassen sich diese Freiheitsgrade bei der Bewegungsbeobachtung minimieren. Bei Wasserspringern erwies sich die regelmäßige Bewegungsbeobachtung als ideales Selbstmodell zur Verbesserung des Bewegungsergebnisses. Dabei zeigte sich bei der gemeinsamen Anwendung von Bewegungsvorstellung und Bewegungsbeobachtung ein stärkerer Effekt als bei der alleinigen Bewegungsbeobachtung (Pithan 2020, S.144; Stoll et al. 2016). Im Schwimmen gelang es Engel (2016) erstmals kognitive Prozesse (im Sinne der kortikalen Aktivierung) und modelltheoretische Annahmen zur mentalen  (Bewegungs-) Repräsentation zusammenzubringen. Mit Sonifikation, dem auditiven Gegenstück zur Visualisierung, wird die Interaktion des menschlichen Körpers mit dem Wasser dargestellt („hörbar gemacht“). Damit können  relevante Informationen für die Schwimmtechnik sowohl für den Schwimmer als auch für den Trainer auditiv wahrnehmbar gemacht werden (Hermann & Ungerechts, 2016).

Exkurs: In Verbindung mit der Fußball WM 2022 stellte sich wieder die Frage, entsenden wir unsere Sportler als Wettkämpfer oder als Propagandisten? Wenn Sportler ihr Land im Sinne der Menschenrechte repräsentieren, dann durch ihre Leistung im Wettkampf ungeachtet der Nationalität, Hautfarbe, Religion, dem Geschlecht oder der sexuellen Orientierung. Die Fußball-WM verdeutlichte, welcher Kraftanstrengung es bedarf, beim Kampf um den Sieg Toleranz, Offenheit, Respekt, Fairplay und Teamgeist zu wahren. Das faire Spiel ist Demonstration genug, ohne gestellte Mannschaftsfotos oder Armbinden. Fußballspiel ist keine Loveparade. Für die größeren Themen sind die VIP-Logen geeigneter. Ansonsten soll jeder Sportler seine Meinung vertreten, wann, wo oder wie, aber nie fremdbestimmt.

Mehr zum Thema: Schack, T. (2010). Die kognitive Architektur menschlicher Bewegungen. Sportforum, 21, Aachen Meyer & Meyer


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