Retardation

22. Januar 2023 R 0

Retardation,-dierung (retardation), lat. retardare „verzögern“; in der Medizin die Verzögerung des körperlichen und/oder geistigen Wachstums, im Gegensatz zur Akzeleration. →relativer Alterseffekt

Retardation wie Akzeleration beeinflussen die sportliche Leistungsfähigkeit. Retardierte Kinder sind bei der Leistungsauswahl oft benachteiligt, deshalb sollte das biologische Alter berücksichtigt werden. So korrelieren Ausdauer und Kraft hochgradig mit dem biologischen Alter, aber nicht koordinative Fähigkeiten (Wagner et al. 2006). Die Funktionsreserven des Sauerstoffversorgungssystems hängen bei Jugendlichen von ihrem körperlichen Entwicklungsstand ab (Korepanov et al. 2020)abhängen. Deshalb qualifizieren sich für die Nachwuchsmannschaften bevorzugt akzelerierte Jugendliche (u.a. Rudolph 1996, Timakova & Klyuchnikova 2010, Ostojic 2017) . Retardierte Kinder bleiben oft „auf der Strecke“. So waren 83% der männlichen JEM-Mannschaft des DSV akzeleriert, 17% biologisch normal alt; retardierte Schwimmer konnten sich nicht qualifizieren. Sichtungstrainer sollten das methodische Handwerk beherrschen (→Anthropometrie), um das biologische Alter der Kinder bestimmen und letztlich bei der Leistungsbeurteilung (→Leistungsprognose) berücksichtigen zu können, wobei psychische und soziale Probleme schwerer zu erschließen sind (Wagner et al. 2006, Hume & Stewart, 2017). So genügt ein niedriger IQ keinesfalls um eine geistige Retardierung zu diagnostizieren. Das biologische Alter sollte gegenüber dem kalendarischen Alter die Leistungsauswahl junger Sportler dominieren. Da uns zunehmend die deutsche Sprache abhanden kommt, übernahmen auch unsere Sportwissenschaftler dafür den Begriff Bio-Banding (Cumming et al. 2017), der einer Flutwelle gleich Fußballverbände erfasste. Sportmediziner sehen in der prak­tischen Umsetzung von Bio-Banding auf Ver­einsebene eine innovative Möglichkeit der ­Verletzungsprävention (Braun et al. 2020).

Exkurs: Während eine körperliche Wachstumsverzögerung oft genetisch bedingt ist (Elternteil: „Ich war auch als Kind ein Spätentwickler„), können aber auch Umwelt– und Erziehungsfaktoren die körperliche Entwicklung beeinflussen. So wurde nachgewiesen, dass intensives körperliches Training von Eliteturnerinnen in Verbindung mit unzureichender Nahrungsaufnahme das normale Muster der Pubertätsentwicklung veränderte (Weimann et al. 2000, Georgopoulos et al. 2002).

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