Instrumentalisierung (des Sports)
Instrumentalisierung des Sports (instrumentalization of the sport), Fremdbestimmung des Sports, besonders kennzeichnend für totalitäre Regime. Die im Grundgesetz verankerte „freie Entfaltung“ der Bürger erfordert zwar den freien und unabhängigen Sport, der sich in der „Partnerschaft zwischen Staat und Sport“ äußern sollte. Die facettenreiche Entwicklung des Sports und dessen Öffentlichkeitswirkung weckt aber immer mehr politische, wirtschaftliche wie mediale Interessen. Die Grenzen werden dabei besonders im Spitzensport durch die zunehmende Kommerzialisierung immer deutlicher. Der Sport wird benutzt, um Ziele und Zwecke zu erreichen, die mehr im Sinne der Anbieter (Sponsoren) liegen. Wenn dies auch nicht der politischen Instrumentalisierung gleichzusetzen ist, so erweckt diese Vorgehensweise erhebliche Zweifel besonders bei den Sportpädagogen (→Entfremdung). Dabei schießen sich die Medien vorrangig auf den Leistungssport ein. Wie steht es aber um den „freien Sport“, wenn der Schüler gezwungen wird, „eine Kippe zu turnen, um mit Hilfe dieser komischen Bewegung auf eine Stange raufzuturnen, auf die er vielleicht gar nicht will und auf der auch gar nichts los ist, dann zwinge ich ihn, etwas objektiv und subjektiv Sinnloses zu tun.“ (Volkamer, 1987). Bei dieser Betrachtungsweise wird aber unterschlagen, dass der Schulsport prinzipiell bildungsrelevante Reflexionsleistungen in Art einer ästhesiologischen Urteilsbildung erbringt und somit in der Schule eine „Bildung durch den Körper“ entwickelt (Franke, E. 2001).
Auch „Doping impliziert in einem doppelten Sinne eine soziale Instrumentalisierung des Athletenkörpers. Zum einen geht es als Beeinflussung von Körperfunktionen auf Entscheidungen zurück, die Menschen in sozialen Kontexten treffen. Erst soziales Handeln setzt beim Doping körperrelevante Effekte in Gang. Zum anderen liegen dem Doping als sozialem Handeln sozial geprägte Zielsetzungen zu Grunde. Doping ist ein Handeln, das nicht zufällig passiert, sondern zielgerichtet Wirkungen bewirken kann.“ (Bette & Schimank, 2006).
Exkurs: „Ein Hauptdilemma gilt nicht nur für Diktaturen, sondern besteht in jeder Demokratie: Sport führt zur Stabilisierung politischer Herrschaft bzw. des Herrschaftssystems, weil (fast) immer Regierende politisch profitieren und selten oppositionelle Artikulation stattfinden kann. Theoretisch sind Sport und Politik übrigens in einem Punkt sehr verschieden. Sportwettkämpfe haben einfache und öffentliche Regeln, Ablauf und Form der Konfliktaustragung sind für alle transparent, Ergebnisse können sofort quantifiziert werden. Mit Ausnahme von Wahlen im Vierjahresrhythmus sind politische Regeln nicht allgemein bekannt und meistens komplizierter. Politische Konflikte werden auf vielen und mehrheitlich nicht sichtbaren Ebenen ausgetragen. Konsequenzen der Politik sind selten in Sekundenschnelle messbar, sondern treten als mittel- bzw. langfristige Folgen mit weitreichender Wirkung auf. Es ist aber das scheinbar unpolitische Wesen des Sports, das der politischen Einflussnahme keine Grenzen setzt.“ (Filzmaier, 2004, S.5/6)8
„Von Organisationen verwaltete Ideen sind immer ihrer Instrumentalisierung ausgeliefert und drohen so zur Plattitüde zu werden“. Jens Leinenbach (*1976), deutscher Informatiker