Prothese
Prothese (prothese), in der Medizin Ersatz von Gliedmaßen, Organen oder Organteilen durch künstlich geschaffene, funktionell ähnliche Produkte.
Im Sport ist zu unterscheiden zwischen Hüft– und Knieendoprothesen als Folge des Verschleißes durch Trainings- und Wettkampfbelastungen und Ersatz von Gliedmaßen bei Behinderten. Nach einer Studie wurden bei 25 % italienischer Profifußballer eine Hüft- oder Knieendoprothese eingesetzt (Volpi et al. 2019). Für Sportler mit einer Amputation der unteren oder oberen Gliedmaßen sind Prothesen ein wesentlicher Bestandteil der Teilnahme an Sport und körperlichen Aktivitäten. Mit Hilfe der paralympischen Biomechanik werden lauf- und sprungspezifische Prothesen auf jeden Athleten je nach den spezifischen Anforderungen des Wettkampfs abgestimmt, um die Leistung zu optimieren (Fletcher et al. 2021). Inzwischen haben Prothesen eine solche Reife erlangt, dass Unterschenkel amputierte Athleten der nichtbehinderten Konkurrenz das Nachsehen gaben (z.B. Markus Rehm bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften im Weitsprung 2014). So hat eine Karbonprothese gegenüber dem Muskel-Skelett-System eine deutlich höhere Energierückführungsrate. Bei optimaler Abstimmung ist das Leistungsvermögen eines Weitspringers mit Prothese potentiell höher einzustufen als bei einem Athleten ohne Handicap (Wank & Keppler, 2015). Die ständige Vervollkommnung der technischen Hilfsmittel führt im Behindertensport zu einem Grenzweg zwischen hartem Konkurrenzkampf und Freude an größerem Bewegungsradius (s. Exkurs).
Im Schwimmen ergaben Simulationen mit verschiedenen Flachfedern für das Kniegelenk, dass der Proband eine Steifigkeit im Kniegelenk bevorzugte, die den Unterschied zwischen der Amplitude des Hüftgelenksdrehmoments am gesunden Bein und dem am Prothesenbein minimierte (Nakashima et al. 2015). Aber im Gegensatz zur Leichtathletik dürfen im Schwimmen Prothesen während des Wettkampfes nicht getragen werden.
Exkurs: „In den letzten Jahrzehnten hat sich der Behindertensport durch eine Reihe von Verbesserungen bei den Prothesen verändert. Ein philosophischer, prospektiver Ansatz zeigt drei Phänomene auf. Erstens hat die öffentliche Rezeption der Paralympischen Spiele das hervorgebracht, was man als „Wow-Effekt“ bezeichnen kann, eine Kombination aus Erstaunen, technologischem Interesse und Nachdenklichkeit, die sich sowohl positiv als auch negativ auf die Darstellung von Menschen mit Behinderungen auswirkt. Zweitens zwingt uns die Rolle der Prothesen dazu, viele Behindertensportarten als mechanische Sportarten zu betrachten, mit verschiedenen möglichen Regulierungsmustern, vom Verbot bis zum Laissez-faire. Drittens plädiert das vorliegende Papier für ein Sportmodell, das sich von dem des nichtbehinderten Sports unterscheidet und weniger auf Rivalität/Hierarchie als vielmehr auf die Freude an neuen Formen des Seins, neuen Formen der Erfahrung unserer Beziehung zu Fähigkeiten, Behinderungen, Superfähigkeiten und veränderten Fähigkeiten setzt. In der Tat kann der Behindertensport als ein Labor für den modularen Körper betrachtet werden, ein Thema, das uns alle angeht“ (Goffette, J. 2018).
(verfasst unter Mitarbeit von D. Paschke)