Bewegungssteuerung
Bewegungssteuerung und –regelung (motor control and regulation), „Führung des Bewegungsablaufs auf der Grundlage eines Bewegungsentwurfs, der in übergeordnete Handlungsprogramme integriert ist“ (Schnabel & Thieß, 1993, S.166). Das komplizierte Mit- und Nacheinander von Teilbewegungen wird von Impulsen gesteuert, die nach einem Bewegungsentwurf vom Zentralnervensystem über die motorischen Nervenbahnen an die Muskeln übermittelt werden. Diese werden im Sollwert-Istwert-Vergleich ständig überprüft und ergänzt. Die elektrischen Signale, die verschiedene Informationsformen codieren, können auf mehreren Ebenen des menschlichen Nervensystems beobachtet werden. Typischerweise wurden diese Signale ziemlich isoliert mit wenig Überlappung zwischen den in der Neurowissenschaft üblichen statischen Aufzeichnungen von Elektroenzephalographie (EEG) und den typischen Aufzeichnungen der Oberflächenelektromyographie (EMG) der Biomechanik aufgezeichnet. Um die Erkenntnisse zur Bewegungssteuerung zu vertiefen, sind aber die elektrischen Aktivierungsmuster von Gehirnarealen während der Bewegung mit dem Verhalten des Bewegungsapparates zu verknüpfen (Enders & Nigg 2016). Das auf diesen physiologischen Prozessen beruhende Neuroathletiktraining wird inzwischen einer Revolution in den Trainingswissenschaften gleichgesetzt (s. Exkurs). Während bei sportwissenschaftlichen Untersuchungen und Empfehlungen Fragen der Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit dominieren, gibt es hier noch deutlichen Aufklärungs- und Nachholebedarf (Engelke & Hlatky 2007). →Reafferenz, →Bewegungsprogramm, →Bewegungsregulation, →Koordination, →Neuroathletik
Zur Bewegungssteuerung im Schwimmen verweist Hahn (1997) auf folgende Spezifik:
- Schwimmen als Ausdauersportart unterliegt einem hohen Grad der Bewegungsautomation
- Es existieren zwei unterschiedliche Modelle der Bewegungsbeschreibung (absolute und relative Bewegungsbeschreibung)
- Differenzierung der Bewegung in Über- und Unterwasserphasen
- Die Schwimmbewegung wird durch Auftriebs- und Gravitationskraft bestimmt
- Lernprozesse werden überwiegend mit biomechanischen Parametern begleitet, deren Lernwirksamkeit umstritten ist.
Exkurs: „Ich ziehe viel Motivation daraus zu sehen, dass der neurozentrierte Ansatz, über den wir arbeiten, außergewöhnliche Resultate liefern kann. Oftmals schaffen wir Probleme – beispielsweise in der Bewegungssteuerung oder bei Schmerzmustern – aus der Welt, die die Athleten seit Jahren mit sich herumgetragen haben und in dieser Zeit Kompensationsstrategien drum herum entwickelt haben. Wenn wir die Bewegungssteuerung nach und nach aufbauen, sind keine Kompensationen mehr nötig und so haben auch trainingsältere Athleten das Gefühl, dass ihre Sportart auf einmal total einfach zu bespielen ist. Ziele sind natürlich immer relativ zur jeweiligen Aufgabe und zum jeweiligen Athleten. Es macht mich als Trainer einfach glücklich, wenn wir zusammen die Ziele der Athleten erreichen.“ (Steffen Tepel, Neuroathletiktrainer, ehemaliger Nordisch Kombinierter, Cheftrainer in der Schweiz, Sportwissenschaftler: http://neuro-athletic-training.com/1078-interview-mit-steffen-tepel-neuroathletiktraining-vor-wenigen-jahren-noch-undenkbar/, Zugriff am 26.11.2018 )
„Bewegung beginnt im Kopf. Koordination macht´s perfekt“ Engelke & Hlatky 2007.
Video zum Thema: https://www.youtube.com/watch?v=nLBnTXnZaGg