Anwendungsforschung
Anwendungsforschung (application research), auch angewandte Wissenschaft. Wissenschaft, die neben der Grundlagenforschung eine starke Beziehung zur Praxis hat.
Da Anwendungsforschung eine operativ-technische Strategie mit dem Ziel verfolgt, konkrete Handlungsanweisungen (technologische Regeln) wissenschaftlich zu begründen, kann man sie als Kerngeschäft der Sportwissenschaft betrachten“ (Hohmann et al. 2002). Anders gesagt: Anwendungsforschung ist auf den Sport übertragen „Trainingsziel – Trainingsinhalte – Relation“. Indem Trainingswissenschaft primär eine angewandte Wissenschaft ist, entbindet sie das aber nicht von der Aufgabe auch Grundlagenforschung zu betreiben (Krug 2010). Dass dabei die Akteure gerade im Bereich der Trainingswissenschaft im Spitzensport immer wieder auf Spannungen im Beziehungsgefüge von Grundlagenforschung und Anwendungsforschung treffen, ist wohl unvermeidbar, kann aber letztlich zu einer wissenschaftlich fundierten und praktisch einsetzbaren Trainings- und Leistungslehre führen (Hummel & Pfennig 2011). Letztlich „kann eine kompetente Anwendungsforschung nicht ohne ein adäquate Grundlagenforschung auskommen. Nur über eine intensive Kooperation mit Spezialisten angrenzender Mutterdisziplinen kann eine hohe inhaltliche Kompetenz erzielt werden. Dabei müssen die starren Grenzen von Bewegung-, Motorik- und Trainingswissenschaft zwangsläufig fallen, da nur über die physiologisch-biologischen Aspekte in Interaktion mit der Mechanik, Bewegung produziert werden kann“ (Gollhofer 1998).
Da im Hochleistungssport die geringe Zahl der Probanden (bis zur →Einzelfallstudie), der Verzicht auf Kontrollgruppen und die Vermeidung größerer Risiken die Forschungsmöglichkeiten einschränken, sollte wenigstens ein umfangreiches und gesichertes Instrumentarium zugrunde liegen, das den Verlauf (Training, Wettkampf) und die damit erreichten Ergebnisse (leistungsdiagnostische Parameter, Wettkampfzeiten und -Strukturen) objektiv erfasst. Erst durch die ganzheitliche Betrachtungsweise sind entsprechende Trainingsempfehlungen abzuleiten. →Feldforschung, →Trainingssteuerung
Exkurs: Wenn die französischen Schwimmer von 1998 bis 2013 5x mehr Medaillen bei OS und WM gewonnen haben als in den fünfJahren zuvor, dann ist das auch dem Wachstum der Forschungsabteilung und deren Praxisnähe zu danken. Die Ursachen werden gesehen in der Qualifikation (Ausbildung und Erfahrung) der Mitarbeiter, dem multidisziplinären Ansatz einschließlich der Entwicklung eines gut funktionierenden Kooperationsnetzwerks, der Analyse der effektivsten Trainingsmethoden, dem Aufbau von Wissen und dessen Weitergabe an die Trainerschaft und der Entwicklung technologischer Prozesse zur Leistungsbewertung (Hellard 2014).