Professionalisierung
Professionalisierung (professionalization), „Konsolidierung von Berufen in feste Berufsbilder, d.h. die Entwicklung eindeutig festgelegter Zugangsvoraussetzungen und formalisierter Qualifikationsanforderungen, klar definierter Karrieremuster und Aufstiegschancen, die Entstehung einer Standes- und Berufsorganisation (Berufsverband) und schließlich die Orientierung an gemeinsam akzeptierten Verhaltens- und Wertstandards und einem Staatsbewusstsein (Berufsethos), die eine kollektive Reaktion auf gleichartige Situationen bewirken und damit sozial-strukturell begründete Einflussmöglichkeiten eröffnen können“ (Heinemann, in Röthig & Prohl, 1003, S.431/432). Dabei ist der Begriff Professionalisierung enger gefasst als die Verberuflichung als hauptberufliche, kontinuierliche und kompetent ausgeübte Tätigkeit. Abhängig vom sozialen und kulturellen Kontext sowie von ihm verwendenden Personenkreis wurde der Begriff mit verschiedenen Bedeutungen aufgeladen. Emrich et al. (2001) unterscheiden fünf Facetten der Professionalisierung von der klassischen Berufsgruppe bis zur cleveren Handlung (Professionalität). →Coaching , →Kompetenz
Beispiele zur Professionalisierung im Sport:
- 40% der Kinder, die ausschließlich in der Schule das Schwimmen „erlernt“ haben sollten, müssen als Nichtschwimmer eingestuft werden (DSB-Sprint-Studie 2005). Ursachen sind u.a. die Unterrichtung durch zu 49% fachfremde Lehrkräfte und die aufsichtsrechtlichen Besonderheiten bis zu soziokulturellen Faktoren. Erfahrene Schwimmlehrer (Gröben et al. 2014) fordern deshalb ein professionsspezifisches Ausbildungskonzept für die universitäre Schwimmausbildung, in dem der Zielbereich der schulischen Schwimmangebote didaktisch ausformuliert und lehrmethodisch erschlossen wird.
- Professionalisierung und Kommerzialisierung rücken den Leistungssportler und seine Potentiale als wirtschaftliche Marke ins Zentrum verbunden mit potentiellen Chancen und zugleich Risiken (Mährlein 2004).
- Der European Coaching Council (2007) hat im Ergebnis eines von der Europäischen Kommission geförderten Projekts die Einführung eines Referenzrahmens für die Lizenzierung von Trainerausbildungsprogrammen beschlossen und dadurch einen wesentlichen Schritt zur Anerkennung des Trainerberufs als reguläre Profession unternommen. Im deutschen Sport ist der Trainer unter den Aspekten eines Professionsanspruchs (verpflichtende akademische Ausbildung, eigene Standesgerichtsbarkeit, hoher sozialer Status usw.) noch weit von einer wahren Professionalisierung entfernt. Nach den empirischen Befunden der Studie „Berufsfeld Trainer“ (Digel & Thiel, 2010) wird das bundesdeutsche Trainergeschäft teilweise semiprofessionell betrieben. Das war 2010. Sieben Jahre später wird immer noch konstatiert, dass es gilt, „angesichts der aufgezeigten Defizite das Bild der Anforderungen und Tätigkeiten des Trainers zu schärfen und die (arbeitsvertraglichen) Rahmenbedingungen für Trainer so zu verbessern, dass langfristige Perspektiven entstehen.“ (Leistungssportkonzeption von 2016). Anstatt aber Nägel mit Köpfen zu machen, wird abermals eine „Steuerungsgruppe“ bemüht, die erfahrungsgemäß nach einiger Zeit die seit Jahren bekannten Mängel erneut feststellen und den Staffelstab an die nächste Arbeitskommission weitergeben wird.
Exkurs: Für den Sport differenzieren Gößmann & Schmitt (2022) zwischen „Sportler“ und „Athlet“. Danach sind „Sportler alle diejenigen, die einer Sportart regelmäßig nachgehen, die eine gewisse Stärke und Professionalisierung ausstrahlen. Die Bezeichnung Athlet sollte als Anerkennung für nachhaltige, eigens und proaktiv mitgestaltete Entwicklung verwendet werden.“
Professionalisierung ist der Prozess, in dem ein Beruf die Merkmale einer Profession erreicht oder zu erreichen versucht (Autor unbekannt).
Mehr dazu:
- Nordmann, L. (2012). Trainertätigkeit als Beruf: Herausforderungen und künftige Entwicklungstendenzen. https://www.iat.uni-leipzig.de/datenbanken/iks/open_archive/sponet/ZATW_2012_TA_9_25_Nordmann.pdf? – Zugriff 14.03.22
- Rudolph (2014). Professionalisierung. In: Wege zum Topschwimmer (Bd. 3), S. 261-263