Sensitivierung
Sensitivierung (sensitization), lat. sentire „fühlen“; Lernprozess bei dem sich ein Reiz mehrfach als wichtig (schmerzhaft bis schädlich) erweist, worauf das Nervensystem künftig intensiver auf diesen (selbst unterschwelligen) Reiz reagiert. Bei einer Abnahme der Reaktionsstärke als gegenteiliger Prozess, spricht man von Habituation. Mit Hilfe der Sensitivierung lernen Tier wie Mensch ihre Schutzreflexe in Vorbereitung auf Rückzug und Flucht zu schärfen. →Sensibilisierung
Ein typisches Beispiel für Sensitivierung sind epileptische Anfälle, indem z.B. wiederholte Reize wie Flickerlicht ein Anfallsgeschehen auslösen (https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/sensitivierung). Drogensüchtige können sensitiviert durch ein übermäßiges Verlangen nach dem Suchtstoff rückfällig werden. So kann beim Alkoholiker allein das Klirren von Eiswürfeln in einem Glas einen Rückfall auslösen (Bild der Wissenschaft v. 11.10.2001). →Sensibilisierung
Exkurs: Das Erlernen sportlicher Bewegungen ist ein Wechsel von Sensitivierung und Habituation. Dabei schärft Sensitivierung sowohl die Körperwahrnehmung des Sportlers wie auch den „Blick des Trainers“. Ich habe immer wieder über meine Kollegen im Wasserspringen gestaunt, wenn sie sich über einen Sprung von einigen Zehntelsekunden gut 10 Minuten auslassen konnten. Das über Jahre sich wiederholende Analysieren von Sprüngen hat ihren Blick geschärft und damit ihre Wahrnehmung so sensibilisiert, dass sie Fehler auf Anhieb erkennen können.
Mehr zum Thema: Sensitivierung und Habituation – Details und Beispiele – Lernformen https://www.youtube.com/watch?v=mJI03bCrb5Q – Zugriff 30.10.23