Geschlechtsdysphorie (GD)
Geschlechtsdysphorie (gender dysphoria), ausgeprägte Inkongruenz zwischen dem empfundenen und/oder ausgedrückten Geschlecht einer Person und dem ihr zugewiesenen Geschlecht von mindestens sechs Monaten Dauer. Damit ist Geschlechtsdysphorie klar abgegrenzt zu Störungen oder Unterschieden in der Geschlechtsentwicklung, einer Kategorie, die ein breites Spektrum von Erkrankungen umfasst, bei denen die sexuelle Anatomie und/oder chromosomale oder hormonelle Muster nicht den streng binären Definitionen von männlich und weiblich entsprechen. Je nach Alter liegt die geschätzte Prävalenz von GD bei 0,2 % bis 0,6 %, die tatsächliche Zahl ist wahrscheinlich viel höher. GD kann mit klinischem Leid und Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen Bereichen des täglichen Lebens verbunden sein und geht mit einem deutlich erhöhten Suizidrisiko einher. Folglich löst GD den Wunsch nach Übereinstimmung von körperlichen und sexuellen Merkmalen und erlebtem Geschlecht aus (Leithäuser & Beneke, 2022). (Geschlechtsdimorphismus, Geschlechtsbestimmung, Transgender)
Historisch gesehen ist der Leistungssport je nach Disziplin entweder für beide Geschlechter zugänglich oder nur für Frauen und Männer organisiert. Die weibliche Kategorie wurde eingeführt, weil erwachsene Männer in bestimmten Disziplinen aufgrund biologischer Unterschiede erhebliche Leistungsvorteile gegenüber Frauen haben. Beim Schwimmen bedeutet dies für Transgender-Frauen einen Vorteil von 8 bis 10 Prozent gegenüber gleichgeschlechtlichen Frauen (The Sydney Morning Herald vom 25.6.22).
Exkurs: Im März 2022 gewann die transsexuelle Schwimmerin Lia Thomas das 500-Meter-Rennen der National Collegiate Athletic Association (NCAA) mit 1,75 Sekunden Vorsprung vor der Silbermedaillengewinnerin von Tokio 2020 Emma Weyant. Bis 2019 war Lia (damals noch unter dem Namen Will Thomas) Langstreckenschwimmerin im Männerschwimmteam der University of Pennsylvania. Lia Thomas bereitet sich auf die Olympischen Spiele 2024 vor. Das führte zu Protest bei amerikanischen Schwimmfunktionärinnen (s. Zitat). Anlässlich der Weltmeisterschaften in Budapest 2022 hat die FINA eine neue Regelung eingeführt, wonach Transgender-Athletinnen bei Schwimmwettkämpfen nur an Frauen-Wettbewerben teilnehmen können, wenn sie ihre Geschlechtsanpassung bis zum Alter von zwölf Jahren abgeschlossen haben. Zudem hat die FINA eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die an einer sogenannten offenen Wettkampfkategorie arbeiten soll.
„Wir brauchen einen Weg nach vorne, bevor die Zahl der gebrochenen jungen Frauen, deren sportliche Träume durch das Verlieren in einem unfairen Wettbewerb, den sie nicht gewinnen können, zerstört wurden, ein inakzeptables Ausmaß annimmt“ (Nicole Cooke; Goldmedaillengewinnerin bei den Olympischen Spielen 2008)