Ausdauer, wettkampfspezifische
Ausdauer, wettkampfspezifische (WA) (endurance, event-specific), Belastungszone 6; Widerstandsfähigkeit gegenüber Ermüdung unter den Bedingungen des Wettkampfes oder wettkampfadäquaten Trainings. Das Training der wettkampfspezifische Ausdauer (WA) unterscheidet sich vom Schnelligkeitsausdauer- oder „Stehvermögentraining“ durch die Dominanz der Wettkampfstruktur (→Rennstruktur). Folglich spielt sich das WA-Training hauptsächlich im Distanzbereich (= Wettkampfstrecke) ab. Die Bindung an die Rennstruktur erfordert eine Anpassung des Rennverlaufes (Start, Angehzeiten, Wenden, Anschlag) und eine wettkampfadäquate Technik und Taktik. Um dies im Training zu gewährleisten, wird die Distanz (100%) oftmals unterteilt, bei sehr kurzen Pausen von 10-20 Sekunden (s. Tab.). Dabei müssen wettkampfgleiche Bedingungen gesichert werden: Start mit Kommando, Wende vor oder nach dem Anschlag, Einhalten der Wettkampfregeln. Um dies zu sichern ist das WA-Training wie ein Wettkampf mit Einschwimmprogramm und Ausschwimmen durchzuführen. Eine hervorragende Möglichkeit zum Training der WA bietet das Prognoseschwimmen im Strömungskanal.
WK-Strecke | 50m | 100m | 200m | 400m | 800m | 1500m |
2 x 50% | 25 + 25 | 50 + 50 | 100 + 100 | 200 + 200 | 400 + 400 | 750 + 750 |
75 + 25% | – | 75 + 25 | 150 + 50 | 300 + 100 | 600 + 200 | 1100 + 400 |
3 x 33% | – | – | – | – | – | 3 x 500 |
4 x 25% | – | 4 x 25 | 4 x 50 | 4 x 100 | 4 x 200 | 4 x 400 |
Tab.: Varianten des WA-Trainings (Pausen 10-20 Sekunden, mit Kommando und Wenden)
Beispiel (aus dem Training von Sarah Sjöström, Vorontsov, 2018, S.13): Es wurden beim „gebrochenen Schwimmen“ Zwischenzeiten empfohlen, die 2-3% schneller waren als im Wettkampf. Somit sollte bei „gebrochenen“ 200m (4×50/50+100+50/75+75+50) auch die Summe der Teilzeiten 6-8 s besser sein als die persönliche Bestleistung. In den Trainingseinheiten wurden 3-8 solcher Serien mit Laktatabnahmen absolviert.
Obwohl es international unterschiedliche Modelle der Klassifikation des wettkampfspezifischen Trainings gibt (→Belastungszone 5 bis 7) ist der Trend zu wettkampfnahen Geschwindigkeiten (→Race pace Training) unübersehbar. Der Anteil an WA liegt bei unseren Hochleistungsschwimmern unter 2% des Schwimmtrainings, schließlich ist die WA der Bereich mit der höchsten Belastungsintensität (s. Abb.). WA-Training ist Training per excellence. Die notwendige Steigerung des Trainings in der Belastungszone 6 setzt erst einmal eine hohe Qualität der Ausdauergrundlagen voraus. Das betrifft besonders den langfristigen Leistungsaufbau. Durch den generellen Bezug der WA zur Leistungszielstrecke (→Hauptschwimmart) werden im Grundlagentraining und Aufbautraining noch keine Methoden des WA-Trainings angewandt, wobei jeder Wettkampf dem nahekommt. →HIT, →USRPT)
Exkurs: Wenn man die Belastungszonen strikt nach physiologischen Größen ausrichtet, dann kollidiert man spätestens bei der BZ 6 mit dem Begriff „Wettkampfausdauer„. Denn physiologisch gesehen sind die Bedingungen entsprechend der unterschiedlichen Wettkampfdauer (20 Sekunden bis 15 Minuten und mehr) sehr unterschiedlich. Nach Wilke & Madsen (2015) müsste dann der Langstreckler in der BZ 6 erheblich über seiner Wettkampfgeschwindigkeit liegen (S.164). In unserer Betrachtung dominiert der Wettkampf mit seinen vielfältigen Anforderungen, die sich eben nicht nur auf physiologische Parameter reduzieren lassen (Rudolph et al. 2014, S. 63). Im Prinzip soll mit der BZ 6 der Wettkampf in das Training verlagert werden. Da aber die wenigsten in der Lage sind, einfach mal so „volle Pulle“ zu schwimmen, kommt man ihnen mit minimalen Pausen („broken swim“) entgegen, fordert aber konsequente Umsetzung der Wettkampfstruktur (s.o.). Das Training der Schnelligkeitsausdauer stützt sich auf Intervalle im Unterdistanzbereich mit längeren Pausen, die Wettkampfgeschwindigkeiten sichern. Hottenrott & Neumann (2010) integrieren Schnelligkeitsausdauer und wettkampfspezifische Ausdauer unter den Oberbegriff Wettkampfausdauer und betonen damit die übergeordnete Rolle der Wettkampfgeschwindigkeit.
Der Wettkampf ist das Salz in der Suppe
Mehr zum Thema: Rudolph, K. (1997). Das Training der wettkampfspezifischen Ausdauer, DSTV-Reihe Bd. 13, 64-78