Gendoping

21. Mai 2017 G 0

Gendoping (gen doping), „die nicht therapeutische Anwendung von Zellen, Genen, Genelementen oder der Regulierung der Genexpression, welche die sportliche Leistungsfähigkeit erhöhen kann“ (Welt-Anti-Doping-Code 2007).

Im medizinischen Bereich können durch Gentherapie genetischer Defekte behoben werden, z.B. gegen Krebserkrankungen, monogene Erbkrankheiten, Infektionskrankheiten (vor allem HIV) und kardiovaskuläre Störungen. Somatische Gentherapieversuche am Menschen sind wissenschaftlich und ethisch vertretbar (→Sportethik). Beim Gendopings werden nicht mehr direkt wirksame Substanzen oder Proteine (wie zum Beispiel Epo zur Verbesserung der Sauerstoffversorgung) dem Körper „von außen“ zugeführt, sondern einzelne Körperzellen oder Zellbestandteile angeregt, diese Substanzen selbst vermehrt zu produzieren. Das ist ein zweckentfremdeter Einsatz gentherapeutischer Verfahren aus der Medizin. Zudem deuten keinerlei Hinweise darauf hin, dass Strategien der Menschenselektion oder -züchtung, um gezielt sportliche Höchstleistungen erbringen zu können, in naher Zukunft technisch umsetzbar wären (Gerlinger et al. 2008).

Während die Genanalyse zukünftig durchaus die Talentauswahl befruchten könnte, wäre Gendoping die restlose Übergabe des Sports in die Hände von Biochemikern und Biologen. Damit wären der Manipulation der sportlichen Leistung keine Grenzen mehr gesetzt. In den USA wurde bereits 1998 ein Patent auf ein Verfahren erteilt, wonach durch eine einmalige Veränderung der DNS/DNA (→Desoxyribonucleinsäure) eine ständig erhöhte EPO – Produktion erreicht wird. Da die WADA für persönliche Abweichungen von der Norm (z.B. erhöhte Hämatokritwerte) inzwischen Ausnahmegenehmigungen erteilt, stellt sich immer mehr die Frage nach der Grenze zwischen Veranlagung und Manipulation. Das Verfahren ist im Tierversuch bereits erfolgreich erprobt worden. Der Nachweis dieser Manipulation ist nur mit aufwändigen Analysemethoden möglich (Santamaria et al. 2013). Die Gefahren von Nebenwirkungen sind noch nicht umfassend erforscht. Ein wesentlicher Unterschied besteht zu bisherigen Formen des zeitlich limitierten (immer wieder zu erneuernden) Dopings. „Gendoping würde in einigen Anwendungsformen eine dauerhafte Wirkung entfalten, die nicht, ähnlich dem Absetzen eines Medikaments, nach kurzer Zeit verschwindet“ (Thevis in SPIEGELonline vom 8.01.2019). Die Welt-Anti-Doping-Agentur hat Gendoping schon vorsorglich auf die Dopingliste gesetzt und kann gelagerte Proben auch noch zehn Jahre später testen.

„Auch wenn bislang kein Hinweis oder Beweis für einen Einsatz solcher Präparate im Sport vorliegt, ist die Wahrscheinlichkeit des Missbrauchs gegeben und die Verfügbarkeit als Chemikalie und eventuell auch als Schwarzmarktprodukt nicht ausgeschlossen. Auch hier wird die Idee der Dopingprävention durch frühzeitige Implementierung neuer, noch nicht vollständig zugelassener Medikamente verfolgt, mit dem Ziel einen möglichen unzulässigen Einsatz unmittelbar zu verhindern.“ (Thevis & Schänzer, 2010: Dopingprävention: Methoden, Analytik, Entwicklungstendenzen. Z. Sportmedizin (61) 7-8 (https://www.germanjournalsportsmedicine.com/artikel-online/archiv-2010/heft-78/dopingpraevention-methoden-analytik-und-entwicklungstendenzen/?L=0 – Zugriff 6.05.2019)

„“Im Prinzip kann bereits heute Gendoping betrieben werden. Da aber Aufwand und Umfang der kurz- und langfristigen Vorteile sowie Risiken auch für den dopenden Sportler nicht absehbar sind, ist zumindest ein verbreiteter Missbrauch derzeit und in naher Zukunft nicht als wahrscheinlich anzusehen.“ Mario Thevis, Leiter des Kölner Dopingkontrolllabors in SPIEGELonline 9.01.2019.


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