Biomechanik

30. November 2023 B 0

Biomechanik (biomechanics), Wissenschaftsdiszplin, die als Sportbiomechanik mit Methoden und Gesetzmäßigkeiten der Mechanik sportliche Bewegungsabläufe, aber auch Sportgeräte untersucht. Ziel im Sport ist, durch Optimierung der Bewegungstechniken die sportlichen Leistungen zu verbessern (→Leistungsdiagnostik)  Im Vordergrund steht hierbei die  „Technikanalyse“, die sich auf biokinematische, biodynamische und zeitliche Parameter (→Merkmale, biomechanische) stützt, die durch elektronische, mechanische und optische Verfahren gewonnen werden. Die heutige Biomechanik lehnt sich stark an andere Wissenschaftsdisziplinen an (Biologie, Medizin, Mathematik, Informatik usw.) und wird deshalb in verschiedene Arbeitsbereiche unterteilt (Leistungs-, Präventive-, Anatomische- Biomechanik usw.). Das Lehren der sportlichen Bewegungsabläufe, Erkennen und Beseitigen von Technikfehlern setzt beim Trainer biomechanisches Grundwissen voraus.

Untersuchungsziele der Biomechanik (nach Ballreich, 1988)

In der Trainingspraxis des Schwimmens haben sich für biomechanische Untersuchungen Messplatze für Start und Wende und die Gegenstromanlage für den Einzelzyklus bewährt, wo man biomechanisch und physiologische Parameter verbindend betrachten kann. So stellten z.B. japanische Sportwissenschaftler fest, dass der I-förmige Armzug beim Kraulen gegenüber dem S-förmigen Zuge vortriebswirksamer, aber nicht so effektiv (weniger Laktatauslenkung) ist (Ito et al. 2008). Oft sind neue Ergebnisse an die Entwicklung neuer Messverfahren gebunden. Durch den Einsatz von Inertialsensoren konnten Witt et al. (2016) den Einfluss der Schwimmgeschwindigkeit auf die Roll- oder Verwringungstechnik im Freistilschwimmen untersuchen. Im Zuge der Digitalisierung dominieren computergestützte und automatisierte Verfahren. So konnte mittels eines Systems zur vollautomatischen Bestimmung intrazyklischer Phasengeschwindigkeiten die mühsame und arbeitsintensive manuelle Auswertung ersetzt werden (Lienhart et al. 2015).

Exkurs: Da die konventionellen statistischen und theoretischen Modellierungsparadigmen in der angewandten Sportbiomechanik nur begrenzte Informationen über Koordinations- und Kontrollmuster liefern und es nicht erlauben, athletenspezifische optimale Sporttechniken zu identifizieren, können objektive Kriterien, auf denen technische Modifikationen beruhen, die konsistent zu verbesserten Leistungsergebnissen führen, für einzelne Athleten nicht zuverlässig ermittelt werden. Angesichts dieser Einschränkungen wird ein alternativer Ansatz befürwortet, der mit den Grundsätzen der Theorie dynamischer Systeme in Einklang steht und sich an den bahnbrechenden Erkenntnissen von Bernstein (1967) über den Erwerb von Fähigkeiten orientiert. Bei diesem Ansatz werden kinematische und kinetische Daten verwendet, um die Suche des Sportlers nach seinem eigenen optimalen Koordinations- und Kontrollmuster zu lenken, während er während des Trainings aktiv seinen perzeptiv-motorischen Arbeitsbereich erkundet. Dieser Ansatz scheint angesichts des aktuellen biomechanischen Wissens über Sporttechniken und der offensichtlichen Unfähigkeit bestehender biomechanischer Modellierungsansätze, genau vorherzusagen, wie sich Änderungen der Technik auf die Leistungsergebnisse einzelner  (Glazier 2021).

Im Vierjahresrhythmus findet das Internationale Symposium „Biomechanics & Medicine in Swimming“ statt. Sämtliche im Rahmen der bisherigen Symposien veröffentlichten Beiträge inklusive der Volltexte können abgerufen werden unter: http://www.iat.uni-leipzig.de/service/datenbanken/biomechanics-medicine-in-swimming – Zugriff 30.11.23

Die deutschen Biomechaniker haben 1997 in Ulm die Deutsche Gesellschaft für Biomechanik e.V. gegründet. Die Sportbiomechaniker haben eine eigenständige Sektion in der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) (http://www.dvs-biomechanik.de/).

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