Belastungsumfang
Belastungsumfang (load volume), Belastungskomponente, die die Summe des Trainings und Wettkampfes (der Trainingseinheiten, der Distanz oder der Anzahl von Wiederholungen) beschreibt. Im Sportschwimmen wird der Belastungsumfang je nach Trainingsmittel und Trainingsmethode in Metern/Kilometern, Anzahl der Wiederholungen und seltener in Stunden/Minuten angegeben. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, z.B. kann eine Trainingseinheit Wassertraining 90 Minuten dauern, in denen 5 km geschwommen wurden. Im Interesse einer präziseren Beschreibung des Belastungsumfanges im Schwimmen sollte den Kilometern der Vorrang eingeräumt werden, da das Zeitmaß sehr ungenau ist, denn die Gesamtzeit der Trainingseinheit mit 90 Minuten ist nicht identisch mit der tatsächlichen Belastungszeit. Damit ist aber noch nichts über die Qualität des Trainings ausgesagt. So zählt für Havriluk (2017) nur der mit der richtigen Technik ausgeführte Trainingsumfang. Auf ähnlicher Philosophie basiert das USRPT von Rushall (2009). Andererseits sind die Zeitangaben in ihrer Summation (Trainingszeit am Tag, in der Woche) eine wichtige Planungsgröße im Zusammenspiel mit den anderen Verpflichtungen (Doppelbelastung Schule und Sport). Oft werden Belastungs- und Trainingsumfang synonym gebraucht. Reduziert man aber Training nicht nur auf die biologischen Anpassungsvorgänge („Nettotraining“), sondern schließt alle Maßnahmen ein, die heute erforderlich sind, um sportliche Spitzenleistungen zu erreichen („Bruttotraining“), dann liegt der Trainingsumfang zeitlich über dem Belastungsumfang. Zum Beispiel zählen dann die entlastenden physiotherapeutischen Maßnahmen , Konsultationen beim Psychologen usw. mit zum Trainingsumfang. Da der Sportler in der Regel noch Schüler, Student oder Lehrling ist unterliegt er der Doppelbelastung von Schule und Training (s. Beispiel unten).
Exkurs: Die meisten Sportverbände stützen sich in ihren Nachwuchskonzeptionen auf die Erkenntnisse Ericssons (1993) und dessen 10.000 Stunden Regel, wonach ein solcher Arbeitsaufwand für eine erfolgreiche Karriere nötig sei. Damit bestätigt er nur die Volksweisheit „Übung macht den Meister“. Allerdings zeigen neuere Untersuchungen in den USA (Hambrick et al. 2014, McNamara, 2014), dass Übung nur zu 12 Prozent die Karriere in diversen Bereichen beeinflusse. Die Wahrheit liegt in der Mitte und Ericsson hat auch nie allein die reine Stundenzahl als Quelle des Erfolgs angeführt, sondern immer auf die Intensität verwiesen, mit der man sich der Tätigkeit widmet. Zumindest die Analyse der Karriere erfolgreicher Schwimmer zeugt von großen Trainingsumfängen über Jahre. Die komplexe Leistungsstruktur im Schwimmen erfordert vielseitige Leistungsvoraussetzungen, deren Ausbildung viel Zeit braucht. Aber ein hoher Trainingsumfang allein kann auch nicht aus einem Ackergaul ein Rennpferd machen. Hinzu kommt die Erkenntnis aus der Neurobiologie, dass eigentlich nur dann etwas Neues erlent und entwickelt werden kann, wenn man sich darüber begeistert, davon überzeugt ist. Dazu kann man keinen Sportler zwingen, nur motivieren und unterstützen.
Mit 24 Stunden am Tag, 7 Stunden in der Woche und 365 Stunden im Jahr sind dem Belastungsumfang Grenzen gesetzt. Addiert man Training und Schule, dann haben nach den Vorgaben der Nachwuchskonzeption des DSV bereits die 10jährigen Schwimmer die für erwachsene Arbeitnehmer vorgegebene Arbeitszeit/Woche erreicht. Die Trainingspraxis hat gezeigt, dass das Überschreiten bestimmter Umfänge. (z.B. > 3000 km oder 1200h/Jahr) keinen Leistungszuwachs bringt und dann eher eine Intensivierung (→Belastungsintensität, →HIT) und akzentuierte Gestaltung (→Zyklisierung) des Trainings angestrebt werden sollte (Stott 2012). Durch einen geplanten Wechsel von Belastung und Erholung ist der Belastungsumfang so zu wählen, dass die Güte der Bewegungsausführung (→Bewegungsgüte) gewährleistet bleibt. Mehr Training ist oft nicht die richtige Wahl, wenn besseres Training möglich ist. Hoher Belastungsumfang ist nur dann wirksam, wenn die Regeneration gesichert und individuell belastet wird. Das sollte bereits bei der Planung des Mikrozyklus beachtet werden, indem auf zwei bis drei Belastungstage ein halber Ruhetag folgt. →Trainingsumfang
Abb.: