Reproduktion

20. Dezember 2022 R 0

Reproduktion (reproduction), lat. reproducere „wieder hervorbringen“; vielseitig gebrauchter Begriff, in der Biologie für Fortpflanzung (Reproduktion der Frau), in der Psychologie für das Wiederhervorbringen früherer Gedächtnisinhalte (→Gedächtnis), in der Wirtschaft die Wiederherstellung der Arbeitskraft. Unter sozialer Reproduktion wird die Wiederherstellung bzw. Aufrechterhaltung sozialer Strukturen und Systeme verstanden, die oft zu sozialer Ungleichheit führen. So ist die frühzeitige Aufteilung der Schüler auf verschiedene Schulformen ein Zeichen der Reproduktionswirkung des Bildungswesens (Zweiklassengesellschaft in der Bildung).

  • Erscheinungen der sozialen Reproduktion machen auch vor dem Leistungssport nicht halt. So zeigte eine empirische Analyse, dass die meisten deutschen SportlerInnen der untersuchten Disziplinen Fechten, Rudern und Leichtathletik aus höheren sozialen Klassen stammen (Alkemeyer et al. 1998). Kinder, die nicht regelmäßig Sport treiben, kommen extrem häufig aus Familien mit niedrigem Sozialstatus oder Migrationshintergrund (KIGGS-Studie). Sportschüler mit höheren sozioökonomischen Status unterbrechen ihre Sportkarriere eher zugunsten der Bildung (Skrubbeltrang et al. 2020).
  • Der Einfluss des Sports, einmal als größte Massenorganisation Deutschlands zum anderen durch die Vorbildwirkung seiner Repräsentanten auf soziale Strukturen, sollte nicht unterschätzt werden. Analysen zeigen, dass olympische Athleten ihre Machtressourcen vergrößert haben und gezielt Strategien anwenden, die die Reproduktion zentraler Institutionen beeinträchtigen. Damit besitzen sie das Potenzial, das System nachhaltig zu destabilisieren, sollten ihre Interessen nicht entsprechend berücksichtigt werden (Seltmann, M. 2021).
  • Die hohen Trainingsbelastungen als auch zunehmende Geschlechtsumwandlungen im Leistungssport wirken sich auf die reproduktive Endokrinologie der Sportlerinnen aus. So auf den Menstruationszyklus oder die Verzögerung der geschlechtlichen Reifung. Die menstrualen Störungen überschreiten das Niveau in der weiblichen Bevölkerung um den Faktor 6 bis 8, Reifungsverzögerungen werden 3- bis 4-mal häufiger registriert (Tschiene 2013). Die reproduktive Gesundheit des Fötus ist als Bestandteil des Allgemeinzustandes des Körpers direkt vom Lebensstil der Mutter während der Schwangerschaft abhängig. Diese Komponenten der reproduktiven Gesundheit prägen das Neugeborene für ein ganzes Leben. Die Fähigkeit eines Organismus, seine Erbgrundlagen an die nachfolgende Generation weiterzugeben wird als reproduktive Fitness bezeichnet. 

Unser körperliches Ritual bei der Reproduktion ist ohne Schlüsselreiz betrachtet so lächerlich, dass man sich ob seiner Würde als Mensch direkt schämen könnte.“ Manfred Poisel (*1944), deutscher Werbetexter


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