Muskelkraft

17. November 2020 M 0

Muskelkraft (muscular strength), Kraft, die der Muskel durch Kontraktion entwickeln kann und damit eine Grundlage sportlicher Bewegungen. Entsprechend biomechanischer Modellierung ist die Muskelkraft durch mindestens vier Parameter erfassbar: isometrische Kraft, maximale mögliche Kontraktionsgeschwindigkeit, maximale mögliche Leistungsabgabe der einzelnen Muskelfasern und Anzahl der kontrahierenden Fasern sowie der Funktion der Kontraktionsgeschwindigkeit (Sust in Schnabel & Thieß, 1993, S. 594). Der Muskel kann die Kraftentwicklung durch die Anzahl der aktivierten motorischen Einheiten (→Rekrutierung) und die Stärke der Ansteuerung (→Frequenzierung) verändern. Die Muskelkraft kann direkt nur am isolierten Muskel (Tierpräparat) im Labor gemessen werden.

Im Sport wird die Muskelkraft indirekt als am starren Widerlager entstehende Gegenkraft gemessen (z.B. Handdynamometer). Bei „einfachen“ (eingelenkigen) Bewegungsabläufen ist der Kraftverlust gering. Bei Bewegungen über mehrere Gelenke und dann noch im Medium Wasser ist die Muskelkraft schwer zu erfassen. Mit Hilfe eines individualisierten MKS-Simulationsmodells aus gemessenen Bodenreaktionskräften und Bewegungen, die am Trainingsmessplatz erfasst werden können, konnten valide Beobachtungsgrößen für eine individuelle dynamische Bewertung von Startsprüngen im Sportschwimmen ermittelt werden. Dazu gehören insbesondere die Antriebsmomente in den Gelenken, die summarisch die vom Athleten aufgebrachten Muskelkräfte abbilden (Hermsdorf et al. 2015). So besteht ein hoher Zusammenhang zwischen maximaler Muskelleistung und Sprunghöhe. Das wirkt sich auf die Antriebsleistung beim Startsprung aus (Scheichardt & Witt, 2014) bis in den 10m-Übergang (Beretic et al. 2013). Hierbei beeinflusst besonders die isometrische Maximalkraft der vorderen Knieextension den Schrittstart (Suito et al. 2012). Beim Einzelzyklus im Schwimmen wird die Muskelkraft nicht 1:1 in Vortrieb umgesetzt. Hier spielen die Hebel– und Winkelverhältnisse eine große Rolle (Havriluk 2016). →Wirkungsgrad, →Schwimmtechnik, →Biomechanik

Bis zur Pubertät unterscheiden sich Jungen und Mädchen kaum in der Muskelkraft. Erst mit den hormonellen Veränderungen steigt der Anteil an Muskelmasse bei den Jungen wesentlich stärker und damit die Kraft. Der altersbedingte Rückgang an Muskelmasse ist die Ursache für den deutlichen Verlust an Muskelkraft mit fortschreitendem Lebensalter. Dieser Prozess setzt etwa mit dem 25 – 30. Lebensjahr ein, beträgt im →Alter von 50 Jahren etwa 10% und wächst mit 80 Jahren auf etwa 50% an, kann aber durch Krafttraining verzögert werden (Tschan  www.univie.ac.at).

Schwimmlexikon-Muskelkraft im Altersgang 1
Verlauf der durchschnittlichen Schwimmleistung (Mittel 100m, Rudolph 2012), der Sauerstoffaufnahme (nach Koinzer & Krüger 1982) und der Handkraft (nach Ufland 1973) im Altersgang (wobei die Ausgangswerte bei 25 Jahren mit 100% angesetzt wurden).

Exkurs: „Schwimmtraining – auch von vielen km – muß nicht zwangsläufig zu einer Kraftentwicklung führen. Kraftzuwachs wird nur dann angeregt, wenn die Muskeln bei 70 % ihrer maximalen Kapazität (oder mehr) arbeiten. Viele Trainingsformen (z.B. ÜberdistanzÜbungen) erreichen nicht diese erforderliche Intensität. Nur durch schnelles Schwimmen kann Kraftentwicklung stimuliert werden. Daher ist häufig Krafttraining an Land die geeignetere Form zur Kraftentwicklung, da hier mit schweren Lasten unter kontrollierten Bedingungen gearbeitet werden kann. In den richtigen Relationen trägt das Krafttraining an Land zur Aufrechterhaltung des Kraft-Ausdauer-Gleichgewichts bei. Dieses Gleichgewicht benötigt der Schwimmer, um über eine längere Strecke eine hohe Geschwindigkeit und eine aus biomechanischer Sicht optimale Technik realisieren zu können. Hohe Frequenzen bei hohen Geschwindigkeiten ermöglichen ein Rückführen der Arme über Wasser fast ohne Anstrengung. Bei unzureichenden Ausdauerfähigkeiten auf Grund unzureichender Kraftpotentiale verringert sich die Geschwindigkeit, der Körper sinkt im Wasser ab und der Wasserwiderstand wird daher größer. Je geringer die Zugfrequenz, desto höhere Anstrengungen und Kraftaufwendungen sind für das Rückführen der Arme erforderlich. Diese Negativkette wiederholt sich dann bei jedem Zug (Sterbender-Schwan-Syndrom).“ McKeon, B. (1997). 


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert