Reflexionsinstanz

03. Oktober 2022 R 0

Reflexionsinstanz (authority of reflexion), In Wissenschaftstheorie oder Management (→Coaching) die jeweils spezifische Sicht zu reflektieren, aus sich heraustreten können und eine Sache mit Abstand betrachten.

Im modernen Hochleistungssport betreut und begleitet der Trainer nicht nur die Athleten, sondern ist immer auch Wissensexperte, der wissenschaftliches Wissen in praktisches Wissen transferiert. Das setzt seine Bereitschaft voraus, über dieses Wissen zu reflektieren. Dabei hat er nicht nur dem Prinzip der Leistungsoptimierung zu folgen, wie es die Erfahrungsebene des konkreten Handelns nahelegt, sondern er muss immer auch im Sinne des reflektierenden Wissens überprüfen, ob der Weg der Leistungsoptimierung in seiner Sportart u.U. generell verändert oder im Extremfall sogar gestoppt werden sollte, womit man unterstellen kann, dass er diese Aufgabe nur erfüllen kann, wenn er neben der Erfahrung auf der Praxisebene und dem Wissen auf der Theorieebene immer auch Reflexionsfähigkeiten entwickelt“ (Franke, 1995). Überlegenswert ist hierbei die Neubewertung von Fehlern, die nicht nur als Hindernis, sondern auch als Signal für Veränderungen anzusehen sind. Ferner die Schaffung einer selbstkritischen Reflexion innerhalb der Trainerschaft, wofür besonders erfahrene Kollegen geeignet wären, die nicht mehr „an vorderster Front“ stehen und somit vom Leistungsdruck befreit als fachkundige Prüfungsinstanz vorurteilslos urteilen (Franke, 2008). →Reflexion, →Reflexionskompetenz,Expertise

«Es ist also für jeden einzelnen Menschen schwer, sich aus der ihm beinahe zur Natur gewordenen Unmündigkeit herauszuarbeiten. Er hat sie sogar liebgewonnen und ist vor der Hand wirklich unfähig, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, weil man ihn niemals den Versuch davon machen ließ. […]
Wer sie (die Unmündigkeit) auch abwürfe, würde dennoch auch über den schmalsten Graben einen nur unsicheren Sprung tun, weil er zu dergleichen freier Bewegung nicht gewöhnt ist.»
(Immanuel Kant, 1724-1804 dt. Philosoph)

Exkurs: „Die Atemlosigkeit des wissenschaftlichen Betriebs existiert und betrifft Studierende und Lehrende. Ich denke, eine Gesellschaft, die glaubt, sich so eine Reflexionsinstanz nicht mehr leisten zu müssen, ist dem Untergang geweiht. Menschliche Lebensformen kennzeichnen sich auch dadurch, dass sie sich reflexiv weiterentwickeln, durch die Art und Weise, wie sie sich selbst interpretieren und verstehen. Und das erfordert eine gewisse Distanz zum operativen Geschehen. Wenn man die Universität als reine Ausbildungsinstitution betrachtet, verliert sie ihre Reflexions-, Korrektur- und Reparaturfunktion.“ Hartmut Rosa, Soziologe (https://gabi-reinmann.de/?p=5322 – Zugriff 2.11.22)


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert