Computersimulation
Computersimulation (computer simulation), Durchführung einer (simulierten) Bewegungshandlung mit Hilfe eines Computerprogramms, wobei durch Änderungen einzelner Parameter des Modells Erkenntnisse gewonnen werden können Die Naturwissenschaften nutzen die Computersimulation zur Veranschaulichung des Verhaltens einfacher Systeme bis zur Analyse und Darstellbarkeit komplexer dynamischer Systeme. Biologische Systeme, angefangen von einfachen Organismen bis hin zum menschlichen Körper, sind hochkomplexe Systeme. Dies ist wohl die Ursache dafür, dass mit Ausnahme der Biomechanik in der Biologie und Psychologie das Instrument der Simulation gegenüber einer traditionell experimentell orientierten Forschung wenig entwickelt ist.
Die Sportwissenschaft hat noch Nachholebedarf, biologische Funktionen des menschlichen Organismus, wie z.B. dessen mechanische muskuläre Leistung systemtheoretisch zu analysieren und das dynamische Belastungsverhalten bis hin zu sportlichen Spitzenleistungen im Computer zu simulieren. Ein hervorragendes Beispiel ist das Modell der Energiestoffwechselregulation von Mader (1984). Mader begründet ein Konzept der Stoffwechselregulation mit Ableitungen der Gleichungen für die Beschreibung der Energiebilanz, des Phosphorylierungsgleichgewichts, der Aktivierungskennlinien der Stoffwechselsysteme von Glykolyse und Atmung und der Gleichungen zur Beschreibung des dynamischen Verhaltens. Obwohl die Computersimulation einen faszinierenden Einblick in die „Blackbox“, die Möglichkeit integrativer Betrachtung des Phänomens der menschlichen Leistung im Sport bietet (Mader & Allmer, 1996), wird heute noch vorwiegend in der angewandten leistungsphysiologischen Forschung und Praxis experimentell an der `Hardware Mensch‘ als „Blackbox“ getestet.
Nach eingehender Studienlage werden vor allem biomechanische Fragestellungen (Sprung/Wurf) mit Computersimulationen bearbeitet. Im Schwimmen legte Mader mit seinen Arbeiten Grundlagen für Simulationen physiologischer Prozesse (s.o.). Nach diesem Ansatz untersuchten Jahre später Rodriguez & Mader (2003) das dynamische Verhalten des Energiestoffwechsels beim Schwimmen anhand von Fettstoffwechselmessungen. Sie kamen zu der Erkenntnis, dass die Relevanz des aeroben Beitrags zum Gesamtenergiebedarf insbesondere bei jungen Schwimmern nicht unterschätzt werden darf. Eine Erkenntnis, die die Nachwuchsprogramme der Amerikaner wie auch des DSV prägt. Im Schwimmen erschwert das Fehlen experimenteller Daten, numerische Simulationen von Schwimmern auf der freien Oberfläche zu validieren (Sato & Hino 2013). Dank der Entwicklung der Computertechnik häufen sich aber Untersuchungen, wo mit Hilfe von Simulationen Widerstände und Kräfte bei verschiedenen Schwimmbewegungen und Wasserlagen ermittelt werden, wie die folgenden Beispiel der letzten Jahre zeigen:
- Das australische Institut für Sport hat ein freies Schwimmanalysesystem namens „Assisted Towing Method“ (ATM) entwickelt, mit dem das momentane aktive Ganzkörper-Widerstandsprofil des Schwimmers bei der maximalen Schwimmgeschwindigkeit des Schwimmers geschätzt werden kann. Aus dem aktiven Widerstands- und Beschleunigungsprofil des Schwimmers kann auch das Antriebskraftprofil berechnet werden (Mason et al. 2012).
- Für die Simulation des Bewegungsapparates im Schwimmen haben japanische Wissenschaftler die Software SWUM entwickelt (Nakashima et al., 2007).
- Marinho et al. (2010) gelang es, die hydrodynamischen Eigenschaften eines echten Handmodells eines Schwimmers mit verschiedenen Fingerpositionen mittels computergestützter Simulation darzustellen. Sie stellten u.a. fest, dass die Hand mehr Vortrieb erzeugen kann, wenn Daumen und Finger leicht gespreizt sind.
- Bideau et al. (2010) entwickelten eine Methode zur Bestimmung des Querschnitts des Schwimmerkörpers auf der Basis von Computeranimation. Es wurde ein spezieller Algorithmus entwickelt, um den Körperquerschnitt automatisch anhand von Körperkonturen zu erhalten.
- Computergestützte Ganzkörper-Fließdynamikanalysen können zum Modellieren und Lösen komplexer Probleme des Flüssigkeitsflusses verwendet werden und eignen sich ideal für die Analyse des Widerstands und des Vortriebs im gesamten Körper beim Schwimmen (Banks et al. 2014).
(weitere Studien unter: https://www.iat.uni-leipzig.de/datenbanken/iks/bms/)
Mehr zum Thema: Glitsch, U. (2001). Computersimulation in der Biomechanik. Schriften der Deutschen Sporthochschule Köln, Bd. 46