Moral

20. August 2017 M 0

Moral (morality), lat. mos, mores „Sitte, Sitten“; von der Gesellschaft anerkanntes Norm– und Wertesystem (verbindliche Sinneinsichten), das die Grundlage des Zusammenlebens bildet und dem Einzelnen eine Orientierung gibt (Empfinden von Recht und Unrecht, Gut und Böse, richtig und falsch). Zunächst hat die Familie entscheidenden Einfluss auf die Moralentwicklung des Kindes, später Gleichaltrige sowie Vorbilder und Idole.

Der moderne Spitzensport definiert sein Spiel entlang einer doppelten Erwartung: der Erwartung von Höchstleistungen bei gleichzeitiger guter Moral. Im Spitzensport sind hierfür zwei Einrichtungen etabliert. Für die Leistungssteigerungen sorgt die betreuende Sportwissenschaft bzw. Technologieentwicklung. Und dass die Moralerwartung dabei konstant gehalten werden kann, ist auf verbindliche Regelwerke zurückzuführen (Körner, 2011). Häufig wird dem Leistungssportler unterstellt, dass dessen einziger Wert im Verhältnis zu anderen bestimmt wird und durch eine Feier des genetisch Überlegenen und die Erniedrigung der Schwachen motiviert sei. Das trifft aber nicht das Wesen des Leistungssports, das in der Erforschung der körperlichen und geistigen Anforderungen des Sports besteht (Ingthorsson 2015).

Die Grundlagen moralischen Handelns in der Arbeit mit Sportlern sind im Ehrenkodex für Trainer des DOSB fixiert (https://cdn.dosb.de/alter_Datenbestand/fm-dosb/downloads/Sexualisierte_Gewalt/Ehrenkodex_20150306.pdf – Zugriff 20.08.20). Der Trainer ist gefordert, bei der sportlichen Ausbildung Wert und Handlungsrelevanz der Aufgaben für den Lebensvollzug sowie ein differenziertes Verständnis von Lebenszusammenhängen zu vermitteln und somit zur sachlichen und moralischen Urteilsfähigkeit des Sportlers beizutragen (→Mündigkeit, caring coaching für fürsorliches Coachen-Fisher et al. 2019, Nielsen 2014). Dabei ist der polemogenen (Streit erregenden) Natur moralischer und moralisierender Kommunikation sorgfältig Rechnung zu tragen (Borggrefe & Cachay,  2016).

Neuere Theorien gehen von einem angeborenen Moralsinn aus. So könne der Mensch moralische Entscheidungen treffen, ohne sich deren gewahr zu sein. Damit wären moralische Urteile nicht mehr vollkommen bewusste Entscheidungen. Zunehmend wird durch solche Erscheinungsformen wie Doping, Korruption u.a. Moral im Kontext leistungssport­lichen Handelns gefährdet gesehen („keine Zeit für Moral“ – Ückert et al. in LS 3/2016). →Sportethik

Exkurs: Die Corona-Pandemie verdeutlichte, dass eine Betonung der Beziehungen zwischen Menschenrechten und kultureller Staatsbürgerschaft erforderlich ist, um die soziale Institution Sport zu verbessern. Die Soziologie, wenn sie bei der Reform des Sports nach Covid-19 keine Schlüsselrolle spielt, habe den moralischen Kompass verloren, der die Disziplin in der Frühen Neuzeit, als die Institution Sport entstand, erstmals lenkte (Rowe, D. 2020). Das Verhalten mancher Pandemie-Leugner erinnert an Brechts „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“. Dementgegen können wir „die Bedeutung des Sports für Inklusivität und Integration hervorheben. Manchmal ist Sport die einzige Aktivität, die Menschen unabhängig von ihrem sozialen, politischen, religiösen oder kulturellen Hintergrund verbindet. Sport ist der Klebstoff, der eine Gesellschaft zusammenhält. Eine solche Inklusivität ist in ansonsten tief gespaltenen Gesellschaften noch wichtiger.“ (IOC-Präsident Bach: https://www.olympic.org/news/ioc-president-bach-writes-to-olympic-movement-olympism-and-corona – Zugriff 20.08.20)

„Moral ist eine Wichtigtuerei des Menschen vor der Natur.“ Friedrich Nietzsche (1844-1900) dt. Philosph

Mehr zum Thema:

  • Meinberg, E. (2009). Leistung und Moral: Zur Genealogie einer modernen Leistungsethik. LIT-Verlag
  • Steinbach, K. (2010). Ethikund Fair-Play im Sport, DSTV-Reihe, Bd.31, 23-30


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