Phase, sensible

06. Mai 2021 P 0

Phasen, sensible oder sensitive (sensitive period), der Biologie („Prägung“) entlehnter Begriff, wonach Lebewesen zu bestimmten Zeitspannen über Empfänglichkeiten verfügen, die das gute Heranwachsen erst wirklich ermöglichen. Die Hirnforschung geht auch beim Menschen von kritischen Phasen aus, in deren Zeitraum das Gehirn für bestimmte Erfahrungen und Lernprozesse besonders empfänglich ist (→Lernpsychologie). Verpasst man diese Phasen, können die Synapsen später nicht mehr oder nur schwerlich nachgebildet werden (z.B. Spracherwerb im zweiten Lebensjahr).
Während sensible Phasen in der Entwicklungspsychologie als gesichert gelten und von Pädagogen (z.B. Montessori-Pädagogik) genutzt werden, sind sie in der Sportwissenschaft umstritten. Bislang geht man davon aus, dass auch die Reaktion auf Trainingsreize in bestimmten Phasen erhöht ist und die Anpassung an Trainingsbelastungen effektiver erfolgt. Kobanov et al. (2019) untersuchten die Entwicklung der motorischen Fähigkeiten während der Ontogenese. Die Analyse zeigte differenzierte Verläufe der sensiblen Perioden bei der Entwicklung der motorischen Fähigkeiten zwischen Altersgruppen und Geschlechtern. Die meisten Erkenntnisse beruhen aber weitgehend auf Erfahrungen und sind wissenschaftlich nicht gesichert. Während Weineck (2019) noch Sensible Phasen als Phasen erhöhter Trainierbarkeit in sein Lehrbuch übernimmt, widersprechen Van Hooren & De Ste Croix (2020) der Annahme von besonders günstigen oder ungünstigen Entwicklungsphasen des motorischen Lernens und lehnen ihre Verwendung im Kinder- und Jugendtraining ab. Nach Wollny (2003) wird die Reduzierung des Lebensalters lediglich auf eine physikalische Trägervariable als Hilfsfunktion bei der Beschreibung motorischer Veränderungsverläufe gesehen, da die motorische Lernplastizität des Menschen in jeder Phase der Lebensspanne gut ausgeprägt ist, auch wenn sie im jüngeren Erwachsenenalter ihr Optimum erreicht. Nach einem Vergleich von Für und Wider des Modells „Sensible Phasen“ verbleibt als Kompromiss, dass die Modelle sensibler Phasen zwar konkrete Handlungsanleitungen liefern, aber einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten können (Conzelmann, 2007). Schnabel et al. (2008, S. 412) akzeptieren, dass die Trainingspraxis Unterstützung durch die Sportwissenschaft benötigt, aber dabei nicht immer auf die endgültige Klärung strittiger Fragen warten kann. Unumstritten ist aber, dass Nachwuchstraining auf Reifungsvorgänge abzustimmen ist, „entwicklungsgemäß“ trainiert werden sollte (Hahn 1982, Martin 1981; Weineck 1983 bis Schnabel 2008). Lernalter, günstiges,Leistungsaufbau, langfristiger

Abb.: Entwicklungsverlauf koordinativer Fähigkeiten (nach HIRTZ 1977, S. 504

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