Beinarbeit
Beinbewegung (kicking), auch: Beinbewegung beim Schwimmen, Einzelbewegung, zyklisch wiederholte gleich- (simultan) oder wechselseitige (alternierende) Aktion der Beine (bei Delfin + Hüfte) zum Vortrieb und zur Stabilisierung der Wasserlage. Die Bedeutung der Beinbewegung für den Vortrieb wird häufig unterschätzt, vor allem, wenn man die Schwimmgeschwindigkeiten vergleicht, die in der Einzelbewegung Arme zu Beine erreicht werden. Dabei wird der Anteil der Beinbewegung für eine optimale Wasserlage und somit Schwimmtechnik zu wenig beachtet. Dieser Anteil sollte mindestens im Grundlagentraining bei 30% (im 1. Jahr etwa 40%), im Aufbautraining bei 30% und im Anschlusstraining bei 15-20% des Gesamtumfanges an Kilometern liegen (s. Beispiel age group program der USA). Mit der Spezialisierung wird auch hier differenziert, besonders in der Intensität. Kurze Teilstrecken mit hoher Intensität, bei Sprintern (→Sprint) noch mit Widerstand (→Bremshose, Eimer usw.), sollten gegenüber „Kilometer-Schinden mit Schwimmflossen“ bevorzugt werden. Das bestätigten auch Schleppversuche mit Teilkörperbewegungen im Strömungskanal (Witt, 2008).
In den letzten Jahren hat auch der Anteil weniger, sehr kräftiger (Delfin-)Beinschläge für schnelle Übergänge im Start– und Wendenbereich das Schwimmen revolutioniert. Uneinheitlich sind die Lehrmeinungen zur Beinarbeit mit Schwimmbrett. So lehnt man in der Schweiz Auftriebsmittel ab, da das Brett für natürliche Kopfhaltung kontraproduktiv sei (ständige Überstreckung der Halswirbelsäule), ferner würde dadurch das Kernelement Atmung ausgeklammert (Bissig et al. 2004). Besonders bei der Delfinbewegung wird aus gesundheitlichen Gründen vor Beinbewegung „am Brett“ abgeraten (Steinbach, 1993). Amerikanische Trainer verbinden Beinkicks mit dem Schwimmbrett, fordern aber, dass es mit völlig gestreckten Armen vor dem Körper gehalten wird (Counsilman, 1980). Andere Autoren empfehlen hingegen sämtlich Varianten mit und ohne Schwimmbrett, vorgestreckten oder seitlich angelegten Armen, in Rücken,- Seit- oder Bauchlage (Wilke & Madsen, 2015, S.280).
Ebenfalls uneinheitlich ist die Vorgehensweise beim Vermitteln der Teilbewegungen als Lernschrittfolge. Die Teilbewegungen sollten in einer Reihenfolge erlernt werden, die Varianten gestattet (s. Frank, 1988, S.159) und erst dann mit anderen Teilbewegungen gekoppelt werden, wenn sie automatisiert sind (Durlach, 1998). Eine wirkungsvolle Beinbewegung hängt neben der Kraft auch stark von der Fuß– und Knie (Brust)-Beweglichkeit ab (→Beweglichkeit). Versäumnisse in diesem Bereich sind nur mit Mühe zu korrigieren, besonders bei Anfängern, die sich dann „am Ort“ austoben, ähnlich einem Propeller, der allerdings das Flugzeug in Bewegung setzt, wenn die Flügel entsprechend gedreht werden, was vielen Anfängern im übertragenen Sinne vorbehalten bleibt. Schließlich wird „ein langer Antriebsweg durch einen hohen Grad an Beweglichkeit im Bereich der Hüfte und im Fußgelenk, ein effektiver Antrieb durch wirksame Impulsübertragung (→Impulsgesetz) auf den Rumpf realisiert“ (Küchler, 2005). Zudem spielt die Amplitude in den Schlagschwimmarten eine Rolle. So ist bei der Delfinbewegung ein großer, langsamer Kick vorteilhafter als ein kleiner, schneller Kick (Lyttle & Keys 2006). Für einen effektiven Beinschlag ist ausschlaggebend: locker bleiben, Kraft aus den Hüften über die Beine übertragen und einen gleichmäßigen Rhythmus anstreben. Ein guter Beinschlag ist das Zusammenspiel von langen, lockeren und starken Beinen (www.usaswimming.org). Die Beinbewegung ist immer in ein vielseitiges Training einzuordnen. Eine Dominanz der Beinbewegung als Trainingsmittel konditioniert zwar die dazu erforderliche Muskulatur, verbessert aber weniger die aerobe Kapazität und die Leistung auf den Mittelstrecken (Konstantaki & Winter, 2007).
Alter | Wa/Wo | Technik | Training | Beine |
7-9 | 3 | 80% | 20% | 50% |
10/11 | 6 | 70% | 30% | 40% |
11/12 | 8,5 | 50% | 50% | 33% |
13/14 | 11 | 30% | 70% | 25% |
: Anteil der Beinarbeit am Schwimmtraining im Age-Group-Program der USA (Christensen, 2014)
Test | Pkt. | AK 9 | AK 10 (Ziel GLT) | AK 11 | AK 12 | AK 13 | AK 14 (Ziel ABT) |
25KB
(sek) |
1 | 30,5 | 25,5 | 25 | 23,5 | 22 | 20,5 |
2 | 28,5 | 24 | 23 | 21,5 | 20 | 18,5 | |
3 | 26,5 | 22,5 | 21 | 19,5 | 18 | 16,5 | |
25RB
(sek) |
1 | 30,5 | 26 | 25,5 | 24 | 22,5 | 21 |
2 | 28,5 | 24,5 | 23,5 | 22 | 20,5 | 19 | |
3 | 26,5 | 23 | 21,5 | 20 | 18,5 | 17 | |
25DB
(sek) |
1 | 33 | 27,5 | 26,5 | 25 | 23,5 | 22 |
2 | 31 | 26 | 24,5 | 23 | 21,5 | 20 | |
3 | 29 | 24,5 | 22,5 | 21 | 19,5 | 18 | |
25BB
(sek) |
1 | 33 | 28,5 | 27,5 | 26 | 25 | 24 |
2 | 31 | 27 | 25,5 | 24 | 23 | 22 | |
3 | 29 | 25,5 | 23,5 | 22 | 21 | 20 |
Tab.: Normwerte für Beinbewegung über 25m (Auszug Nachwuchskonzeption 2020, Anlage 10)
Mehr zum Thema in Lucero, B. (2009). Schwimmen – Die 100 besten Übungen. Meyer & Meyer Verlag, Aachen