Leistungsangst

02. März 2020 L 0

Leistungsangst (Schulangst) (test anxiety), neben Existenzangst und sozialer Angst eine der drei Hauptgruppen der Angst.  Unter Leistungsangst werden Ängste verstanden, die das Selbstwertgefühl (→Selbstvertrauen) der Person bedrohen, indem diese befürchtet zu versagen oder geforderte Leistungen nicht zu erbringen, z.B. die Vorgabezeit einer Serie, eine geplante Platzierung im Wettkampf. So ist Leistungsangst gleichzusetzen mit Furcht vor Misserfolg, hier wiederum mit einer sozialen Komponente („die anderen lachen mich aus“) oder der existenzbedrohenden Komponente („ich verliere die Sportförderung“). Problematisch ist besonders bei einer beabsichtigten sportlichen Karriere, wenn sich Leistungsangst zum überdauernden Persönlichkeitsmerkmal (→Ängstlichkeit) entwickelt.

Als situationsgebundene Angst wird sie durch drei Komponenten beschrieben (https://portal.hogrefe.com/dorsch/leistungsangst/– Zugriff 2.03.2020):

  • durch gesteigerte Erregung des autonomen Nervensystems (Schwitzen, erhöhte Herz- und Atemfrequenz)
  • durch subjektive Wahrnehmung dieser körperlichen Erregung (Aufgeregtheit)
  • durch Besorgnis (um Folgen und soziale Auswirkungen).

Lösungsmöglichkeiten im Leistungssport (nach Beckmann & Elbe, 2008, S. 120):

  • Immunisierungstraining, indem im Training Drucksituationen (→Leistungsdruck) geschaffen werden (wobei es im Ermessen des Trainers liegt, Grenzbelastungen zu fordern, die zumindest in Teilen lösbar sind) oder auch bewusst gelernt wird, Niederlagen zu ertragen.
  • Prognosetraining, indem konkrete Ziele gesetzt und in der Gruppe angekündigt werden. Ein hervorragendes Trainingsmittel dazu ist der Strömungskanal (→Prognoseschwimmen)
  • Einmaligkeitstraining, indem am Ende einer Serie eine harte (aber noch realisierbare) Zeit gefordert wird verbunden mit einer Belohnung, z.B. „wenn Du jetzt die 100m unter 1:00 min schwimmst, dann schenke ich Dir den Rest“.

Die beste Möglichkeit, Angst vor Wettkämpfen zu nehmen, sind Wettkämpfe selbst. Dazu sind durch den Trainer realistische Ziele (oder auch einmal keine Zeit- oder Platzziele) zu stellen und geschickt Wettkämpfe bzw. Strecken auszusuchen, die dem Anliegen entsprechen. →Zielstellung

Exkurs: „Douglas Powell (2004) konnte in einer empirischen Studie mit 72 Medizinstudenten, die alle durch mindestens eine wichtige Prüfung gefallen waren, zeigen, dass die Kombination verschiedener kognitiv-behavioraler Verfahren dazu beitragen kann, die Zahl der bestandenen Prüfungen signifikant zu erhöhen. Powell verordnete den Teilnehmern ein doppeltes Training: Einerseits mussten sie sich durch systematisches Lernen anhand eines genauen Zeitplans auf ihre Prüfungen vorbereiten, andererseits erlernten sie Strategien, um mit ihrer Angst umzugehen. Dazu zählen etwa progressive Muskelentspannung und Desensibilisierung. Die Selbstkontrolle wurde durch Gedanken-Stopp-Methoden und durch die Imagination angenehmer Inhalte gefördert. Kognitive Techniken sollten dazu beitragen, negatives Denken, übertriebene Selbstkritik und Hilflosigkeit abzubauen. Durch Verhaltens-Rehearsal (inneres Memorieren von Lernmaterial) lernten die Teilnehmer, sich in die kritische Situation hineinzuversetzen und die aufsteigenden Ängste mit Angstkontrolltechniken zu bewältigen. Auch Psychoedukation gehörte zum Programm. Die Patienten wurden in Testtaktiken, Fehleranalysen und richtigem Vorgehen in Prüfungen unterwiesen. Zusätzlich absolvierten die Teilnehmer körperliche Übungen und ein Ausdauertraining. Teilnehmer, die von Verzweiflung und starken Ängsten überwältigt wurden, konnten eine Kurzpsychotherapie in Anspruch nehmen. 74 Prozent der Teilnehmer schafften die Prüfung im zweiten Anlauf. In der Regel gelingt dies nur 59 Prozent der Prüflinge.“ (Sonnenmoser, M. (2005). Leistungsangst: Hohe Erwartungen an sich selbst. Ärzteblatt.de, 1/2005)

„Den größten Fehler, den man im Leben machen kann, ist, immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen.“ Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) dt. Theologe


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