Reiz
Reiz (stimulus), Signal oder Information aus der Umwelt (äußerer Reiz) oder aus dem Körper (innerer Reiz), die vom Organismus durch die Sinnesorgane wahrgenommen werden und eine Reaktion im Verhalten oder Erleben auslösen. Unterschieden werden adäquate Reize (Übereinstimmung von Reiz und Sinnesorgan, z.B. Berührung und Rezeptoren der Haut), inadäquate Reize (nicht auf Sinnesorgan ausgerichtet, deshalb Irritationen oder Schmerz) und aversive Reize (wird als unangenehm empfunden und löst Vermeidungsverhalten aus).
In der Sportwissenschaft werden oft „Reiz“ und „Belastung“ synonym verwendet (Reizdauer zu Belastungsdauer, Reizdichte zu Belastungsdichte). Gehen wir aber von der neurobiologischen Definition aus, dann ist unter Reiz die Einwirkung auf eine Sinneszelle zu verstehen. Nun ist aber selbst eine einfache Bewegung (Einzelzyklus) eine Summation verschiedener Reize (Belastung), die der Muskel benötigt, um Arbeit zu verrichten. →Belastungskomponenten, →Reizstufenregel, →Reizsummation, →Belastungskategorien
Training ist „ständiges Reizen“ des Organismus, wobei die Reizschwelle eine maßgebliche Rolle spielt, die durch Umfang, Dauer, Stärke (→Intensität) und Dichte des Reizes bestimmt wird. Signalproteine verarbeiten die Belastungsreize über verschiedene Stufen gesteigerter Proteinsynthese und regen so zu strukturellen Veränderungen (→Adaptation) an. So ist in der Skelettmuskulatur die durch hochintensives Training (HIT) ausgelöste Stoffwechselstörung der Hauptstimulus für deren Anpassung. Im Herz-Kreislauf-System führt hochintensives Training zu hämodynamischem Stress und einer Ablenkung des Ca 2+-Handlings (Reizübertragung in Nervenzellen) als Hauptstimuli für die funktionelle und strukturelle Anpassung von Herz und Gefäßen (Wahl et al. 2022). Jahrzehnte ging man davon aus, dass neuronale Anpassungsprozesse (Neuroplastizität des Gehirns) typisch für die frühkindliche Entwicklungsphase seien, während das Gehirn im Erwachsenenalter „fest verdrahtet“ ist. Neurowissenschaftliche Studien bestätigen inzwischen die Adaptivität des Gehirns, das folglich bis ins hohe Erwachsenenalter durch Lernen und Training formbar und schnell adaptierend ist (Ragert 2017). Es ist auch davon auszugehen, dass das Immunsystem in direkter Abhängigkeit von der Reizstärke, Reizdauer und von der Reizintensität einer sportlichen Belastung reagiert (Buhl & Weber, 2004).
„Allein die Dosis macht das Gift“ (abgewandelt nach Paracelsus, schweiz-österr. Arzt 1493-1541)
Beispiel: Bei jugendlichen Schwimmern wurde das Auftreten von Stress während der Anpassung an Trainings– und Wettkampfreize untersucht. Die individuellen Stoffwechselergebnisse der Athleten lagen 50% und die hormonellen Ergebnisse 17% über den Maximalwerten, hauptsächlich nach der Anstrengung (Mihailescu et al. 2021).
Mehr zum Thema: http://flexikon.doccheck.com/de/Reiz – Zugriff 20.11.22