Missbrauch, sexueller

27. November 2022 M 0

Missbrauch, sexueller (sexual abuse), sexuelle Handlungen vor, an oder mit einem Kind (§ 176 StGB) oder Jugendlichen, die gegen Entgelt stattfanden oder wenn die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung des Jugendlichen fehlt und der Erwachsene dies ausnutzt (§ 182 StGB).

Beim Trainer-Sportler-Verhältnis würde eine sexuelle Handlung mit jugendlichen Sportlern nach § 174 StGB als  sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen unter Strafe gestellt, da zwischen der Person und dem Jugendlichen ein Ausbildungs- bzw. Betreuungsverhältnis besteht. Eine Online-Befragung von 1529 deutschen KadersportlerInnen über 16 Jahren aus 128 verschiedenen Sportarten ergab, dass 37,6% der SportlerInnen mindestens eine Situation sexualisierter Gewalt im organisierten Sport erlebt haben; 11,2% gaben schwere oder länger andauernde sexualisierte Gewalt an (Ohlert et al. 2018). Für acht- bis zwölfjährige Kinder wurde die bundesweite Initiative „Trau dich!“ ins Leben gerufen, die mit einem interaktiven Online-Spiel die Kinder über sexuellen Missbrauch und körperliche Selbstbestimmung aufklärt. →Sexualerziehung, →Trauma, psychologisches

In Schwimmvereinen findet sich die größte Gruppe der Opfer von Vergewaltigung und schwerer, sexueller Nötigung bei 14-18jährigen Mädchen. Diese Übergriffe passieren nicht ausschließlich während der Vereinsstunden, aber auch während dieser und fallen somit in die Zuständigkeit des jeweiligen Trainers. Hier ist Sensibilität mit dem Opfer und Konsequenz mit dem Täter gefordert. Die Frage, ob ein Täter als krank oder als Straftäter einzustufen ist, ist nicht Sache des Vereins. Sache des Vereins ist der Einsatz von sozial kompetenten Trainern (Suchodoll 2000).

Exkurs: Die sozialwissenschaftliche Definition von „sexuellem Missbrauch“ bezog sich bisher auf Minderjährige, da diese sexuellen Handlungen (juristisch) nicht zustimmen können. Inzwischen wird der Begriff ausgedehnt auf „sexuelle Gewalt“ als Ausübung von Macht auch unter Erwachsenen. Sexuelle Belästigung zählt auch in Deutschland als eine der häufigsten Formen von Gewalt gegenüber Frauen. Dabei sind die Grenzen zwischen Machtmissbrauch und Gewalt fließend. Die stark von weltanschaulichen und kulturellen Hintergründen beieinflusste Begriffsbestimmung ist unklar. Provoziert durch Trumps „dass ein berühmter Mann mit Frauen alles machen kann, was er will“, vereinten sich zunächst in den USA und danach weltweit Frauen zur „Me Too“ („ich auch“) – Bewegung. Das Internet erhob sich zum Richter und es rollten die ersten prominenten Köpfe. Inzwischen warnen Juristen vor einer neuen „Mc Carthy-Ära“ (Die Presse vom 16.11.17). Es hat auch sein „Geschmäckle“, wenn sich Filmstars ihre Rollen erschliefen um dann oft nach Jahrzehnten die „Beischläfer“ anzuklagen. In einem medialen Nebel von Anklage und Verdrängung, Sensationsgier bis zum Rufmord ist klare Sicht und Verantwortung gefragt, übrigens bei beiden Geschlechtern. Das Internet ist dazu als Arena wenig geeignet. Zudem, eine Gesellschaft, die die „Me Too“-Bewegung begrüßt, aber Pornografie und Prostitution duldet, verhält sich zutiefst heuchlerisch. In der Welt des Sports ist dabei ein besonderes Verständnis für die Dynamik sexueller Gewalt innerhalb der Sport- und Sportkultur erforderlich (Abrams & Bartlett, 2019). Allerdings erfüllen viele Sportverbände noch nicht die allgemeinen Standards des Kinderschutzes der Münchner Erklärung zum „Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport“ (Hartmann-Tews et al. 2020).

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