Leistungsprinzip
Leistungsprinzip (performance principle), auf den Verfahren zur Verteilung von Gütern in der Gesellschaft beruhendes Prinzip, wonach die Verteilung nach Leistung erfolgt. z.B. die Entlohnung nach der Arbeitsleistung.
Da aber ein Zusammenhang zwischen erkennbaren Leistungen und materieller Vergütung sich immer weniger erschließt, wird die Existenz des Leistungsprinzips in der öffentlichen Meinung zunehmend angezweifelt. Auch das angeblich auf dem Gleichheitsprinzip beruhende Schulsystem widerspricht in Wirklichkeit den Normen des Leistungsprinzips eigentlich diametral durch den Vorteil sozialer Herkunft. „Im Hinblick auf diese Entwicklungen lässt sich die gegenwärtige Verfestigung und Vertiefung sozialer Ungleichheit nur sehr begrenzt durch das Leistungsprinzip und die Regeln der Chancengerechtigkeit legitimieren. Das Leistungsprinzip bleibt daher auch heute ein normativer Bezugsrahmen für die Ansprüche von Bevölkerungsgruppen auf gesellschaftliche und insbesondere wirtschaftliche Teilhabe. Es birgt ein Potential legitimer Kritik immer dann, wenn eine Gesellschaft die nützlichen Beiträge und Anstrengungen bestimmter Sozialgruppen missachtet.“ (Neckel, S.: Die Wirklichkeit des Leistungsprinzips: Ansprüche, Krisen, Kritik. Zugriff am 27.08.2016 unter https://www.boell.de/de/navigation/soziales-die-wirklichkeit-des-leistungsprinzips-15121.html) – Zugriff 08.03.2020
„Die Leistungsgesellschaft ist nur noch ein Mythos“ Robert B. Reich USA Politikwissenschaftler, Berater der Clintons
Indem man Wettkampfsport betreibt ordnet man sich dem Leistungsprinzip unter; dem Dackel gleich wünscht sich der Athlet, dass seine Anstrengung belohnt wird (vom Schulterklopfen über die Medaille bis zur satten Prämie). Diese Symbiose zwischen Sport und Leistung wird von Wissenschaftlern unterschiedlich gewertet. Die einen meinen, das Leistungsprinzip deformiere das Spielerische im Sport und führe zur Entfremdung (Rigauer, 1969). Andere sehen in der sportlichen Leistung „unverwechselbares, persönliches und engagiertes Handeln“ (Lenk, 1985). Eine zentrale Funktion gebührt dabei dem „Rangplatz, als Bereitschaftserklärung zur andauernden Teilnahme an Steigerungsprozessen.“ (Schwier, J. Sport und (Höchst-)Leistung. Zugriff am 28.08.2016 unter: http://www.staff.uni-giessen.de/~g51039/vorlesungVIII.htm). Alternativ zu diesem absoluten Leistungsprinzip des Hochleistungssports (Orientierung am Weltniveau) wird besonders für den Breitensport (Gesundheits– und Fitnesssport) vom relativen Leistungsprinzip gesprochen, indem die eigene Leistung in Relation zum eigenen Potenzial gewertet wird.
Im Hochleistungssport ist das Leistungsprinzip Grundlage der Sportförderung. Es gibt nur wenige Bereiche in der Gesellschaft, in denen die Leistung so offensichtlich in Form von Metern, Sekunden, Medaillen oder Punkten zur Schau gestellt wird. Ungeachtet dessen beruft der DOSB eine Kommission („PotAS“), die in aufwendiger Rechenakrobatik die Leistung der Sportverbände bewertet („potenzialorientierte Fördersystematik“- war reif für das Unwort des Jahres). Quelle: http://www.dosb.de/fileadmin/fm-dosb/arbeitsfelder/leistungssport/Konzepte/Nationales_Spitzensportkonzept/Praesentation_Leistungssportreform_26_09_2016.pdf, Zugriff am 20.12.2017)
„Ist erst mal kein Verstand da, ist auch bald ein Amt da“ Manfred Hinrich (1926 – 2015) dt. Philosoph, Lehrer und Schriftsteller
Exkurs: Seit Homers „immer der Beste und allen überlegen sein“ (Ilias VI, 208) über Coubertins „citius-altius-fortius“ streben Menschen nach Siegen und Rekorden. Dabei unterziehen sie sich in Training und Wettkampf höchsten Strapazen. Mit den Worten „Why do we do all this?“ ließ sich Roger Bannister hinter der Ziellinie auffangen, nachdem er als erster Läufer in der Welt die Meile unter vier Minuten gelaufen war. Warum wohl? Diese Frage beantwortet das ehemalige Mitglied des erfolgreichen deutschen Ruderachter und Philosoph Hans Lenk (1972): Weil der Mensch aus anthropologischer Sicht auch ein „leistendes Wesen“ ist.