Reaktionszeit
Reaktionszeit (reactio time; response time), Zeit zwischen Reizsetzung und Reaktion, die individuell sehr unterschiedlich ausfällt. So wirken sich Müdigkeit, geringe Aufmerksamkeit, hohe Temperaturen oder Alkohol negativ auf die Reaktionszeit aus; positiv ein gut funktionierender Gehör- und Sehsinn und Erfahrung. Angeblich ist die Geschwindigkeit, mit der ein Mensch Informationen verarbeitet, ein Maß für die Intelligenz (https://de.wikipedia.org/wiki/Hicksches_Gesetz – Zugriff 23.10.22).
Im Schwimmwettkampf wird der „Startreiz“ zumeist durch ein akustisches Signal (Hubton, Schuss oder Pfiff) ausgelöst. Die Reaktionszeit geht maßgeblich in die Blockzeit mit ein und liegt im Mittel bei 0,13-0,17 s. (Weineck, 2002). Für den Internationalen Leichtathletikverband (IAAF) ist eine Zeit unter 1/10 Sekunde als Reaktionszeit auf den Startschuss ein Frühstart, wobei sich Dauer und Abfolge der Vorlaufzeit (Startkommando) auf die Reaktionszeit auswirken (Otsuka et al. 2017). In der Wettkampfanalyse Schwimmen werden oft Reaktionszeit und Blockzeit gleichgesetzt. Die Reaktionszeiten von Freistilschwimmer/innen zeigen über die Olympischen Spiele 2008 bis 2016 eine signifikante Entwicklung (Da Silva et al. 2020).
Zaciorskij (1977) nennt fünf Komponenten der Reaktionszeit:
- Auftreten einer Erregung im Rezeptor (Signal),
- Überführung der Erregung auf das Zentralnervensystem,
- Übergang des Reizes in die Nervennetze und Bildung des effektorischen Signals (→Effektor),
- Eintritt des Signals vom Zentralnervensystem in den Muskel,
- Reizung des Muskels mit Auslösung einer mechanischen Aktivität (Bewegungshandlung).
Ein Teil davon wird als Latenzzeit bezeichnet. Diese Vorgänge sind sowohl anlagebedingt (→Reaktionsfähigkeit), können aber auch durch Reaktionstraining optimiert werden. So kann Neurofeedbacktraining (NFB) die Reaktionszeit und die Entscheidungsfindung von Sportlern verbessern (De Brito et al. 2022), wie auch isometrische Vorspannung und allgemeines Aufwärmen (Entyre & Kinugasa, 2002; Rosenbaum & Hennig, 1997). Lepretre et al. (2014) verweisen auf die Bedeutung von visuellen und auditiven (hören) Stimuli verbunden mit plyometrischen trainingsinduzierten neuromuskulären Anpassungen. Besonders in Kampf- und Mannschaftssportarten kann durch den Einsatz von spontanen Kampfhandlungen die Zeit der Startreaktion auf feindliche Aktionen (Antizipation) verkürzt sowie die zeitliche Struktur und die Dauer der mentalen Prozesse, die die Reaktion im Kampf begleiten, verändert werden (Malkov & Dementiev, 2022). Im Schwimmen sollte Starttraining immer mit Kommando erfolgen.
Exkurs: Das menschliche Gehirn ist mit 39 Jahren am schnellsten. Dnach verlagsamt es sich unaufhaltsam. Zurückzuführen ist das auf den stetigen Verlust einer die Nervenzellen umgebenden Fettschicht (Myelinscheide). Diese funktioniert ähnlich einer Plastikhülle, die Elektrokabel isoliert: Sie erlaubt eine rasche Übertragung elektrischer Signale in unserem Hirn. Durch den Abbau lassen die körperlichen und geistigen Leistungen nach (https://www.welt.de/wissenschaft/article2673864/Im-mittleren-Alter-ist-das-Gehirn-am-schnellsten.html – Zugriff 23.10.22).